Landeshauptstadt: Es boomt nicht
WM-Superumsatz bleibt aus / Weniger Touristen in Potsdam / Händler verkürzen WM-Öffnungszeiten
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Nicht nur, dass die große Zahl an WM-Touristen ausbleibt. Die, die nach Potsdam reisen, können den Weg zur Torismusinformation am Brandenburger Tor nicht finden. Nicht einmal die Polizisten, die sie danach fragen, können ihnen da weiterhelfen. „Beschilderung an den Straße ist nicht ausreichend“, glaubt Mitarbeiterin Angela Sumpf. Vor allem aber verdeckt die Absperrungswand der Public Viewing Area die Sicht auf die Informationsstelle. Zwar haben die Mitarbeiter Schilder aufgestellt und an die besagte Wand geklebt – trotzdem haben Sumpf und ihre Kolleginnen „kaum was zu tun“.
Dabei haben sich die Tourismusberaterinnen gut auf die Fußballweltmeisterschaft vorbereitet. Es gibt Broschüren in verschiedensten Sprachen und die dazu passenden Kugelschreiber mit Fußball. Doch nicht nur, dass während der WM spürbar weniger Touristen den Informationspunkt erreichen, es buchten auch weniger die Stadtrundfahrten. Und diejenigen, die sich die Karten dafür abholen wollen, müssten so lange nach dem zugestellten Gebäude suchen, dass sie fast ihre Sight-Seeing-Busse verpassen, so Sumpf. Auch über die Potsdamer Hotels fallen trotz WM keine Touristenmassen her. Nicht einmal dreiviertel der Zimmer im Steigernberger-Hotel an der Allee nach Sanssouci sind gebucht, so Hoteldirektorin Gondra Wettley. Das Dorint Hotel an der Jägerallee ist derzeit nur etwas über die Hälfte ausgelastet, so Chefin Heike Strassburger-Siefert. Sehr wenig Gäste für den Monat Juni, findet sie. Dafür sei der Mai „sensationell“ gewesen. Wegen der WM hatten viele Firmen ihre Tagungen in den Vormonat gelegt. Den erhofften WM-Boom dagegen spürt auch Hotelier Hartmut Pirl vom Seminaris-Seehotel nicht. Für eine etwas höhere Auslastung sorge lediglich die ukrainische Mannschaft samt Stab, die während der WM im Seminaris wohnt. Und das obwohl die Gäste keinen Extra-WM-Aufschlag zahlen müssen. Die derzeitigen Hotelpreise richten sich nach dem Stand von 2003, so Strassburger-Siefert. Allerdings spürt Steigenberger-Chefin Wettley bereits „eine positive Welle, die durch Deutschland zieht.“ Die Hotels hoffen auf Spontanbucher, die sich von den Fußballspielen mitreißen lassen. Dagegen scheinen Potsdams Innenstadthändler jegliche Hoffnungen auf den großen Superumsatz dank WM verloren zu haben. Nachdem die meisten Geschäfte zu den ersten Spielen noch WM-Öffnungszeiten bis 22 Uhr anboten, haben jetzt die meisten nur noch bis 20 Uhr geöffnet – selbst das Kaufhaus Karstadt. Zwar verkauften sich Fanartikel bis hin zur Deutschland-Bettwäsche äußerst gut, so Karstadtchef Harald Kirchfeld. Doch die Umsatzerwartungen an die WM blieben bisher unerfüllt. „Die langen Öffnungszeiten machen keinen Sinn“, so das Urteil von Wolfgang Cornelius, Chef der AG Innenstadt. Anderen Städten gehe es genauso. Aber die Händler hätten die Erfahrung eben erst sammeln müssen. Wie der Geschenkeartikelladen Nanu Nana: „Es lohnt sich nicht“, meint Mitarbeiten Germaine Schoek – trotz des Fanartikelangebots. Bis auf die Hochzeiten kurz vor den Spielen hätten sie eher weniger Kunden als sonst: „Die Leute haben nur noch Fußball im Kopf“, glaubt sie. Das Problem teilen die meisten City-Händler, ob Büchereien oder Modeboutiquen. Vielleicht sei auch die derzeitige Hitze mit Schuld. Selbst die Gastronomen leiden unter weniger Gästen. Ausnahme: Restaurants und Imbiss-Buden mit Fernsehapparat. Die beiden XXL-Döner auf der Brandenburger Straße etwa haben laut Mitarbeiter Ferhan Erol besonders bei den Deutschlandspielen riesigen Zulauf. Zufrieden ist man auch beim Sportartikelgeschäft Intersport. Laut Filialleiter Michael Bake seien die Trikots und Fahnen teilweise sogar ausverkauft und auch WM-Maskottchen Goleo müsse ständig nachbestellt werden. just/hey/sch
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