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Landeshauptstadt: Es geht nicht um die Macht – sondern um Potsdam Interview mit dem CDU-Kreisvorsitzenden Wieland Niekisch

Die Potsdamer CDU-Fraktion hat bei der Kommunalwahl am 26. Oktober vier Stimmen dazugewonnen und besetzt nun zehn Plätze in der Stadtverordnetenversammlung.

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Die Potsdamer CDU-Fraktion hat bei der Kommunalwahl am 26. Oktober vier Stimmen dazugewonnen und besetzt nun zehn Plätze in der Stadtverordnetenversammlung. Zur neuen Konstellation und zu den zu lösenden Aufgaben in der Stadt sprach PNN-Redakteur Detlef Gottschling gestern mit CDU-Kreischef Wieland Niekisch. Die konstituierende Stadtverordnetensitzung hat stattgefunden, erste Abstimmungen waren zu erleben. Wie ist das neue Kräfteverhältnis mit einer 18-Stimmen-PDS zu bewerten? Es darf nicht um die Macht gehen, sondern um Potsdam. Ansonsten verfallen wir in Stillstand – das hatten wir schon einmal in den Jahren zwischen 1994 und 1998, als die PDS übermächtig war. Was ist Ihr Rezept? Die großen Volksparteien SPD und CDU müssen zusammen halten, den Kern bilden. Auf konkrete Projekte bezogen? Wir müssen den Aufbau der Innenstadt weiter betreiben und die Baufeldfreimachung für das Stadtschloss auch für die nächsten drei Jahre unter Dach und Fach bringen. Ansonsten gehen uns da zig Millionen Euro verloren, die die Europäische Union beisteuern will. Was ist da die Aufgabe der Stadt? Sie muss den kommunalen Eigenanteil von rund zehn Prozent – jeweils drei Millionen Euro – erbringen und zwar in den Jahren 2004, 2005 und 2006. Wenn jetzt der städtische Haushalt eingebracht wird, ist es unsere gemeinsame Aufgabe, dies durchzubringen. Wie werden sie das schaffen – rechnerisch sind SPD und CDU mit zusammen 21 Stimmen zu schwach? Jetzt muss an die Verantwortung der so genannten Kleinen appelliert werden. Das ist die Arbeit der Fraktionsvorsitzenden, Allianzen zu schmieden zum Wohle Potsdams. Ansonsten droht uns wirklich der Stillstand. Will denn die PDS keine Entwicklung? Wir haben doch schon im Wahlkampf erlebt, wo Hans-Jürgen Scharfenberg den Spalthebel ansetzt: Kinder statt Schloss, Plattenbaugebiete statt Innenstadt. Wenn die kleinen Fraktionen sich jetzt nicht ihrer Verantwortung bewusst sind, wird die PDS triumphieren. So sind die alten und neuen Kleinen – Bündnis 90/Die Grünen, Familienpartei, BürgerBündnis, FDP, Die Andere – ein Risiko? Man kann sie auch als positiven Nebeneffekt der letzten Kommunalwahl bezeichnen, denn wenn man auf die Genannten zählen kann, dann ist Potsdam nicht verloren. Bisher wissen wir aber noch nicht, wie wir mit ihnen umgehen, da wir es mit neuen Gesichtern und neuen Gruppierungen zu tun haben. Doch das ist jetzt unsere Aufgabe, schriftliche Konzepte dazu gibt es nicht. Nun stellt sich die CDU nicht ganz problemfrei dar, es gab Austritte aus dem Vorstand des Ortsverbandes Potsdam Innenstadt/Nord, der ehemalige Fraktionschef Eberhard Kapuste ist darunter. Wie lösen Sie die Unstimmigkeiten? Ganz einfach. Erstens reden wir miteinander, und zweitens gibt es im Januar 2004 Neuwahlen im Ortsverband. Da werden alle politischen und personellen Fragen geklärt und zwar mit der Vollmitgliederversammlung. Wer dann die Stimmen bekommt, der wird gewählt. Ganz demokratisch und transparent. Potsdam hat mit Jann Jakobs einen SPD-Oberbürgermeister, die stärkste Fraktion sitzt ganz links, seine eigene Partei hat eine Wahlschlappe auf der ganzen Linie erlitten. Wie ist Ihr Umgang mit dem OB? Er soll an seinen guten Ideen und Projekten festhalten. Dazu zählen die Kulturhauptstadtbewerbung 2010 und die Wiederherstellung von Potsdams Mitte. Nun muss er Mehrheiten dafür sammeln und zu Stande bringen, wir können und wollen ihm dabei helfen. Zählt zu Potsdams Mitte auch die Garnisonkirche? Unbedingt, ich verstehe gar nicht, warum man da nicht schon weiter ist. Bei dem ganzen Streit zwischen der Traditionsgemeinschaft und der Kirche hätte die Stadt viel stärker als Vermittler auftreten müssen. Auch die Kirche muss sich einmal ermahnen lassen, dass die gesammelten Millionen nicht aufs Spiel gesetzt werden sollten. Zurück zum Oberbürgermeister ja, wir können Jakobs helfen auch im Landtag. Da geht es um den geplanten Neubau, bei dem man sich ja schon vom Brauhausberg verabschiedet hatte. Der Landtag muss sich bald entscheiden. Populistische Reden über bevorstehende Wahlen und Geldknappheit helfen da nicht weiter. Und auch keine Statements zum Stadtschloss, die Verunsicherung hervorrufen. Wie ist das zu verstehen? Matthias Platzeck hat mit seiner Ankündigung am 12. Oktober 2002 am Fortunaportal, das Stadtschloss werde in den nächsten zehn Jahren nicht kommen, viel Unsicherheit verbreitet. Für Investoren war das ein schlechtes Signal – bildlich gesprochen zog sich an dem Tag ein Eishauch über diese junge Pflanze. Günther Jauch hatte dort acht Millionen D-Mark Stein werden lassen als Initialzündung, und der Ministerpräsident des Landes hat nichts anderes zu tun, als zu sagen, dass es damit jetzt nicht so schnell weitergehen wird. Nun gibt es ja auch kurzfristigere Vorhaben? Da sage ich nur Schulentwicklungsplan. Mit uns wird das Espengrund-Gymnasium in Babelsberg nicht abgewickelt. Dieser Stadtteil ohne Gymnasium, das ist für die CDU nicht hinnehmbar und nicht vorstellbar. Dasselbe gilt für die Realschule in Groß Glienicke, die verschwinden soll. Das ist das Stichwort – wie gehen Sie mit den neuen Ortsteilen um? Aus Parteisicht haben wir schon vor den Wahlen vorgearbeitet: Die Ortsverbände Golm und Groß Glienicke bestehen noch fünf Jahre weiter, die anderen haben wir bei uns aufgenommen. Jetzt gehen wir zur Tagesordnung über. Es gibt ehrenamtliche Ortsteilbürgermeister, Ortsteilbeiräte und die Verträge mit Potsdam. Die bestehenden Klagen ehemaliger Gemeinden gegen die Gemeindegebietsreform sollten nicht bremsend wirken. Die Ortsteile werden einbezogen in die gesamte Entwicklung Potsdams.

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