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Landeshauptstadt: Es ging nicht ohne Konfrontation

Barbara Kuster, Initiative Mitteschön, über die Wirkung ihrer Person und wie es mit dem Stadtschloss weiter geht

Stand:

Ihre Reaktion auf die Landtagsschloss-Entwürfe des Architekten Peter Kulka lautete: „Das Dach sieht ja aus wie ein Toaster mit Schießscharten.“ Da waren Sie wohl enttäuscht, dass das Potsdamer Stadtschloss nicht eins zu eins rekonstruiert wird?

Aufgrund des Raumprogramms war mir schon klar, dass es keine hundertprozentige Rekonstruktion der Außenfassade wird. Aber als ich das helle Zink-Dach sah, kam bei mir eben diese Assoziation. Und wie ich so bin, sage ich das dann auch gleich. Ist nicht gut angekommen, ich weiß. Ich reagiere oftmals sehr impulsiv. Was aber das Fass zum Überlaufen gebracht hat, war die Äußerung von Landtagspräsident Fritsch. Auf die Frage, ob man denn an dem Entwurf noch etwas ändern könne, antwortete der: Ja, man könnte, aber wir wollen nicht. Das heißt: Klappe zu, keine Diskussion. Da bin ich durchgeknallt.

Nun haben sich die Wogen gelegt?

Natürlich. Wir von Mitteschön hoffen jetzt, dass wir noch ins Gespräch kommen mit einem künftigen Gestaltungsbeirat. Ich denke, das letzte Stück des Weges sollten die Bauherren mit den Bürgern gemeinsam gehen, um das eine oder andere noch zu verbessern.

Sie denken da an die Frage Zink- oder Kupferdach?

Die drei Dächer von Nikolaikirche, Rathaus und Schloss sollten eine gestalterische Dreieinigkeit bilden. Deshalb brauchen wir für das Schloss ein Kupferdach – zumal Kupfer ein langlebigeres Material ist als Zink. Vielleicht sollte man mit kleinen Kniffen auch noch diese kleinen Eck-Pavillons andeuten – damit es nicht so ein geschlossenes monotes Dach gibt.

Haben Sie mit dem Architekten Kulka schon gesprochen?

Mit mir als Laien wird er sich nicht unbedingt unterhalten wollen. Aber ich weiß, dass die Gesprächsbereitschaft da ist, sich mit Fachleuten von uns zu unterhalten. Warum sollten wir uns auch nicht nochmal gemeinsam hinsetzen und sehen, was man da noch besser machen kann? Denn man muss sich überlegen: Wir geben Europa mit dem Stadtschloss ein Stück Kulturgeschichte zurück. Das muss gut gemacht sein. Wenn man von ,Disneyland’ spricht, habe ich die Vorstellung von billigen, schlechtgemachten Kulissen, die oberflächlich etwas vortäuschen. Aber eine gut gemachte Rekonstruktion ist für mich kein Disneyland.

Sie sind also doch halbwegs zufrieden mit dem, was Sie erreicht haben?

Nicht halbwegs, wir sind sehr zufrieden. Wenn wir zurückdenken, vor zweieinhalb Jahren hätten wir nie geglaubt, dass wir das Schloss bekommen würden. Aber, wenn wir ehrlich sind, es waren zweieinhalb Jahre der Konfrontation.

Die Sie persönlich nie gescheut haben.

Es ist nicht so, dass ich die Konfrontation suche weil mir das Spaß macht. Aber sie war notwendig. Ohne Konfrontation hätten wir gar nichts erreicht. Und bitte schreiben Sie auch, dass wir den vielen Potsdamern danken, die auf den Platz gekommen sind, um uns zu unterstützen. Man braucht Mehrheiten, um etwas durchzusetzen.

Aber Sie waren es, die persönliche Verantwortlichkeiten direkt angesprochen haben: Bauherr ist Rainer Speer, er hat zu verantworten, was da gebaut wird.

Ja, ich habe es angesprochen, aber immer im Namen von Mitteschön. Wir haben uns bei Mitteschön immer gemeinsam eine Meinung erarbeitet. Da aber kein anderer auf die Bühne gehen wollte, bin ich rauf gegangen. Dabei habe ich vielleicht manchmal ungewollt der Presse eine Schlagzeile geliefert.

Ihre mediale Eignung hat der Sache von Mitteschön aber doch geholfen.

Wenn Sie das so sehen, ist das Okay. Ich habe mein Bestes gegeben.

Wie geht es nun weiter mit Mitteschön und dem Stadtschloss?

Das Stadtschloss muss begleitet werden. Beim Kulka-Entwurf sind zum Beispiel die Fenster alle gleich. Bei Knobelsdorff gab es unterschiedliche Fenstergrößen, die einen gewissen Rhythmus bewirkten. Der normale Bürger sieht den Entwurf und sagt, toll, unser Schloss, fast Original. Aber wenn man genau hinschaut, dann sieht man den Unterschied.

Aber es ist bestimmt billiger, einmal 500 Fenster zu ordern als fünf mal einhundert.

Kann ich nicht so genau einschätzen. Ich weiß nur, dass es wichtig wäre für die Fassade. Dafür haben wir ja 20 Millionen Euro bekommen von Hasso Plattner. Die sind für die Fassade gedacht und dafür reicht das auch, das haben wir errechnet. Ich finde: Wenn wir es machen, sollten wir es richtig machen. Das ist kein Bau, den wir in 20 Jahren wieder abreißen. Der wird auch noch in weiter Zukunft als Identitätsbau angesehen werden.

Sind Sie zum ersten Mal politisch aktiv?

Ich war damals zur Wendezeit im Neuen Forum. Das hatte mich auch mitgerissen. Aber ich war niemals in einer Partei.

Sie sind oft unterwegs: Was sagen denn die Leute draußen in der Welt über das Stadtschloss-Projekt?

Die erzählen immer: Ja, wir haben gehört, ihr kriegt euer Stadtschloss wieder, toll! Keiner sagt: Seid ihr denn bekloppt, warum baut ihr denn das Schloss wieder auf? Alle sind sehr erfreut und staunen, was die Bürger erreicht haben. Sicherlich hat der ein oder andere Politiker auch daran gedreht. Ich will nicht so überheblich sein und sagen, dass nur wir das erreicht haben. Auf jeden Fall habe ich in den letzten zweieinhalb Jahren eine viel bessere Meinung über Demokratie gewonnen: Ich habe gemerkt, man kann etwas erreichen. Meine Mutter hat immer gesagt, da könnt ihr kämpfen wie ihr wollt, die machen sowieso, was sie wollen.

Sie dagegen haben sich durchgesetzt.

Die Bürger von Potsdam, nicht ich alleine. Ich bin stolz auf diesen Bürgersinn, der sich entwickelt hat. Das ist der größte Gewinn, den wir dabei errungen haben. Dass die Potsdamer wach geworden sind, für ihre Stadt etwas zu tun.

Und zu tun bleibt noch jede Menge. Wie viele zu rekonstruierende Leitbauten hat Mitteschön denn im Programm?

Wir haben ja schon mal ein Infoblatt herausgegeben (Barbara Kuster zeigt es). Da haben unsere Fachleute die Gebäude aufgezeigt, die kunsthistorisch wertvoll sind und Sichtachsen bedienen. Wir haben drei große Leitbauten auf dem Alten Markt: Nikolaikirche, Rathaus und das Stadtschloss. Der Grundtenor dieses Platzes wird daher ein barocker sein. Auch die moderne Architektur, die die Lücken zwischen den Leitbauten füllt, muss sich anpassen an diesen Platz und mit dem barocken Charakter korrespondieren.

Ich sehe als Leitbauten den Plögerschen Gasthof, das Palais Barberini und die Alte Post

Die Alte Post natürlich, weil sie in einer ganz wichtigen Sichtbeziehung steht zum Alten Markt. Die Touristen müssen doch durch attraktive Blickpunkte hineingesogen werden in die Stadt.

Haben Sie eigentlich auch Verständnis dafür, dass viele moderne Architekten lieber ihre Ausdrucksweise verwirklicht sehen wollen?

Sicher. Aber man kann doch nicht in einer barocken Stadt plötzlich modern mit Glas und Beton bauen. Der scharfe Schnitt, der da oftmals gemacht wird, der schmerzt mich.

Das Interview führte Guido Berg

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