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Landeshauptstadt: Es grünt auf dem Luisenplatz

Zum zweiten Mal erscheint ein Kalender mit Fotografien von Wilhelm Andauer. Der Charme der Aufnahmen liegt in den Details

Von Peer Straube

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Es sind die Nuancen, die kleinen Details, die Peter Rogge am meisten faszinieren. „Hier zum Beispiel“, sagt er und deutet auf ein Foto von der Breiten Straße, „kann man noch die offenen Abwasserkanäle neben dem Bordstein sehen. Die Kanalisation kam erst später“.

Das Bild stammt aus der Zeit um 1890 und ist eines von zwölf Motiven, die der Potsdamer Grafikdesigner Peter Rogge zu einem Kalender für 2013 zusammengestellt hat. Es ist bereits der zweite – und wohl auch der letzte. Für einen dritten reicht die Zahl der Motive nicht aus. Gemacht hat die Bilder der Fotograf Wilhelm Andauer, der zur Zeit der Jahrhundertwende ein Atelier in Potsdam hatte. Rogge, der sich seit Jahren für historische Fotografie interessiert, stieß vor zwei Jahren im Internetauktionshaus Ebay auf ein dickes Album mit Andauer-Fotografien. Nach langem Hin und Her und mit dem letztlichen Segen seiner Frau erwarb er den Band – obwohl er ein tiefes Loch in der Brieftasche hinterließ.

Die rund 90 Aufnahmen zeigen vor allem die bekannten Potsdamer Sehenswürdigkeiten: Stadtschloss, Garnison- und Heiligengeistkirche und natürlich den Park von Sanssouci. Obwohl viele der Motive auch heute noch existieren, machen die kleinen Unterschiede den Reiz aus. Das Titelbild etwa zeigt das Alte Rathaus in Trauerbeflaggung – vermutlich wegen des Todes Kaiser Friedrichs III. und lässt sich relativ sicher auf 1888 datieren. Bemerkenswert ist das Foto auch deshalb, weil das Alte Rathaus damals noch drei Eingänge hatte – die beiden seitlichen wurden später zugemauert.

Besonders schön findet Rogge das Foto vom Luisenplatz, in dessen Mitte sich damals eine kreisförmige Grünanlage nebst Springbrunnen befand. „Das ist ganz toll, das kannte ich so gar nicht“, sagt der Designer begeistert. Selbst den sattsam bekannten Sanssouci-Motiven kann der 50-Jährige spannende Seiten abgewinnen: Eines der Bilder zeigt den Blick zur Großen Fontäne, im Vordergrund steht das Reiterstandbild Friedrichs II., das sich heute unterhalb der Orangerie-Terrassen befindet. Dichtes Grün bestimmt das Bild, kein Mensch ist zu sehen. „Das hat etwas sehr Intimes und Abgeschiedenes“, meint Rogge.

In mühevoller Kleinarbeit hat der Grafikdesigner die zum Teil stark verschmutzten Aufnahmen gescannt, gesäubert und Fehlstellen am Computer ergänzt. An manchen Bildern hat er eine Woche gearbeitet. „Das war richtig heftig.“ Alle Schwarz-Weiß-Fotos sind für den Kalender mit Gold als zweiter Farbe gedruckt worden. „Darum glänzen sie so schön“, sagt Rogge.

Über Andauers Leben ist nach wie vor wenig bekannt. Zwischen 1875 und 1881 muss er nach Potsdam gekommen sein. Im zuletzt genannten Jahr taucht er erstmals in einem Adressbuch der Stadt auf. Zuerst arbeitete er als Retoucheur – also Farblithograf oder Layouter – in der Yorkstraße, die heute Joliot-Curie-Straße heißt. Später hatte er ein Atelier in der Alten Luisenstraße, der heutigen Zimmerstraße. Zwischen 1903 und 1907 hat Andauer Potsdam wieder verlassen – wohin, ist unbekannt.

Rogges bisherige Versuche, Ahnen des Fotografen aufzuspüren, waren wenig erfolgreich. Er machte einen Wolf-Dieter Andauer und dessen Kinder in Krefeld ausfindig, dessen Vorfahren „wohl aus dem Berliner Raum stammen“. Neue Hinweise zur Biografie des Potsdam-Fotografen erhofft sich Rogge auch von der Veröffentlichung der Fotos im Kalender. Erschienen ist er in einer Auflage von 1500 Stück und in Kooperation mit den PNN.

Nicht nur für Historiker sei der Kalender ein Kleinod, sondern für jeden, der sich für die Stadtgeschichte interessiert, so Rogge. „Manchmal ist das Interessante an den Bildern auch das, was nicht zu sehen ist – wie die fehlenden Elektroleitungen.“ Damals fuhr noch die Pferdebahn.

Der Kalender „Ansichten von Potsdam – Fotografien von Wilhelm Andauer“ ist im PNN-Shop bei Karstadt zum Preis von 17,80 Euro erhältlich.

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