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Landeshauptstadt: „Es hat keine wirkliche Kontrolle stattgefunden“ Der ehemalige Leistungssportler Jonas Gerstmann über das Ende seiner Karriere als Schwimmer

Herr Gerstmann, Sie waren Schüler der Sportschule Potsdam. Während Ihrer Schulzeit sind Sie als Schwimmer aus dem Leistungssport ausgestiegen.

Stand:

Herr Gerstmann, Sie waren Schüler der Sportschule Potsdam. Während Ihrer Schulzeit sind Sie als Schwimmer aus dem Leistungssport ausgestiegen. Warum?

Das war 2005. Es hieß einfach „keine erbrachten Leistungen“. Das war knallhart und kam völlig überraschend. Ich war damals 15 Jahre alt. Mein Trainer sagte mir, probier doch mal Kanu-Sport und gab mir eine Woche Bedenkzeit. Das war die Betreuung. Für mich war das schon eine ziemlich schwere Zeit. Ich war nicht sauer auf meinen Trainer, er war ja mein Vorbild und als Jugendlicher stellt man das nicht infrage. Aber ich habe mir das schon zu Herzen genommen.

Wie war dann Ihr weiterer Weg?

Ich hatte dann Probetraining und der Sport hat Spaß gemacht. Ich bin Kanadier gefahren und hatte damit auch sportliche Erfolge. Letztlich war es wieder das gleiche Leistungssystem.

Haben Sie bereut, nicht ganz ausgestiegen zu sein?

Nein, ich mache heute auch noch viel Sport. Und rückblickend habe ich sozusagen ein zweites Handwerk gelernt mit einer anderen Sportart.

Waren Sie eher ein Einzelfall im Schwimmsport?

Nein, gar nicht. Ich habe eher den Eindruck, dass es nach Olympia 2004 einen Kahlschlag gegeben hat. Weil Deutschland in Athen nicht genügend Erfolge verbuchen konnte, wurden viele Schüler in Potsdam aussortiert. Ein anderer ist mit mir zum Kanusport gewechselt, anderen wurde gesagt, sie sollen abtrainieren. Aber richtig betreut wurden sie nicht dabei, da hat keine wirkliche Kontrolle stattgefunden.

Wie erklären Sie sich das?

Da ist die Denke, die sind ja Sportler und wollen sich weiter fit halten. Wenn nicht, dann haben sie Pech gehabt. Dabei ist es riskant, wenn man von einem Extrem ins andere fällt. Wenn man nicht richtig abtrainiert, kann es zu Herzrhythmus-Störungen kommen. Auch auf den Stoffwechsel muss geachtet werden. Da wäre es sinnvoll, wenn man das medizinisch begleitet.

Wie war es für Sie, in einer Klasse mit Leistungssportlern zu sein?

Ich war weiter in der Schwimmerklasse. Nach der zehnten Klasse waren wir schon relativ viele, die ausgestiegen sind, und die Olympiakader waren weniger. Ich war auf alle Fälle kein Außenseiter.

Wie ging Ihre sportliche Laufbahn weiter?

Nach zwei Jahren habe ich verletzungsbedingt mit Kanu auf Wettkampfniveau aufgehört. Ich war dann Übungsleiter und habe Kinder trainiert. Ich wurde nicht ein einziges Mal gefragt, ob ich abtrainieren wollte. Ich denke, als Trainer sieht man den Sportler auf dem Gelände und denkt nur an den Sport. Andere Möglichkeiten bleiben da einfach auf der Strecke.

Das Interview führte Grit Weirauch

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