zum Hauptinhalt
Anhaltspunkt. Die Galaxie NGC 4526 mit der Supernova 1994D (heller Punkt links unten) aufgenommen vom Hubble-Teleskop.

© NASA/ESA, The Hubble Key Project

Homepage: Es ist nicht nichts

Beim Leibniz-Kolleg erklärten Forscher, wie Dunkle Energie und Materie das Universum zusammenhalten

Stand:

Neben der „Kaulquappengalaxie“ hängt die „Whirlpool Galaxie“, nicht weit davon entfernt ist der „Sombreronebel“, dessen Form dem mexikanischen Hut ähnelt. Die Fotos der Sterne haben Studenten der Universität Potsdam mit einem Teleskop aufgenommen, das auf dem Dach des Fakultätsgebäudes in Golm steht. Auf einen Knopfdruck hin öffnet sich eine Klappe in der Rundkugel, in der sich das Teleskop befindet, und gibt den Blick ins All frei. „Manchmal brauchen wir mehrere Stunden Belichtungszeit, um den schwachen Schein der Sterne einzufangen“, erklärt der Astronom Philipp Richter. Dennoch würden lediglich die sichtbaren Himmelskörper auf dem Abbild erscheinen. Ein Großteil des Universums bestehe aus einer seltsamen Essenz, die sich nicht ablichten ließe: der Dunklen Energie. „Alle zehn Jahre entdeckt die Astronomie irgendetwas Dunkles“, spottet Richter in seinem Vortrag. Die nun entdeckte Dunkle Energie habe einigen Forschern immerhin den Nobelpreis 2011 eingebracht.

In mehreren Vorträgen erläuterten die Wissenschaftler am Dienstag sehr anschaulich, wie sich das Bild vom Universum in den letzten Jahrhunderten verändert hat und wie schließlich in den vergangenen Jahrzehnten die Dunkle Energie am Horizont der Forscher aufgetaucht ist. Während der Forscher Wilhelm Herschel im 18. Jahrhundert noch versuchte, sich ein Bild der Milchstraße zu machen, indem er die Sterne mit dem Teleskop zählte, ist die Astronomie heute einige Schritte weiter. „Um zu den Erkenntnissen der vergangenen Jahre zu gelangen, waren neue, sehr leistungsfähige Computer notwendig“, erklärt Matthias Steinmetz vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP). Zwar gelang es schon dem Griechen Eratosthenes, den Erdumfang ziemlich genau zu beschreiben. Aber darüber, wie es bei den Sternen aussieht, beginnt man sich erst jetzt ein Bild zu machen. Deshalb soll noch 2013 die Raumsonde „Gaia“ starten und eine bisher nicht gesehene Datenflut mit Informationen aus fernen Galaxien zur Erde senden.

Dies wird das Weltbild des Menschen vermutlich weiter verändern, das schon im vergangenen Jahrhundert erhebliche Modifikationen erfuhr. Während Einstein zunächst von einem statischen Weltall ausging, wissen Astronomen heute, dass nichts im Universum stabil ist. Auch die Milchstraße driftet immer weiter auseinander. Dabei allerdings bewahrt sie durchaus ihre vorgegebene Ordnung. „Das ist, als wenn Sie ein Gummiband auseinander ziehen. Die Punkte behalten alle den gleichen Abstand, aber der vergrößert sich“, veranschaulicht Steinmetz die letzten Ergebnisse der Forschung. Bereits im Jahre 1927 hatten Edwin Hubble und andere Forscher die Sternendrift entdeckt. Aus der Untersuchung der Farbspektren von Galaxien und Sternen und deren Rotverschiebung hatten sie gefolgert, dass diese sich in einer „Fluchtbewegung“ befinden würden, erläutert der Astronom Lutz Wisotzki vom AIP. Aus der Analyse des Lichtes der Sterne habe Hubble Rückschlüsse auf die entsprechende Dynamik der Expansion gezogen. Da sich dies nicht mit der ursprünglich von Einstein formulierten Relativitätstheorie vertrug, modifizierten Hubble, Einstein und der Priester und Astrophysiker Lemaitre die Theorie Einsteins zu einer Vereinigungstheorie.

Wie genau das Universum auseinandertreibt, wusste man damals noch nicht. Allerdings machten Physiker bald die Entdeckung, dass Galaxien umso heller leuchten, je schneller sie rotieren. Diese Folgerung ermöglichte nicht zuletzt die Beobachtung explodierender Supernovas, also von kollabierenden Sternen. „Das sind Standardkerzen“, formuliert der Forscher Lutz Wisotzki. Beim Sternentod würden diese Licht in immer gleicher Helligkeit abstrahlen. Da die Helligkeit mit der Entfernung von ihrem Ursprung abnehme, könnten mit Messinstrumenten Rückschlüsse auf die Entfernung von der Erde und auf deren Bewegung im All gezogen werden.

„Das Universum ist nicht leer“, beruhigt Wisotzki seine Zuhörer. Dies habe der Vergleich verschiedener Supernovas zunächst einmal erbracht. Was sich allerdings genau darin befindet, war nicht klar. Denn Werte, die Astronomen mit Satelliten gemessen hatten, und mit denen sie die Rotation der Sterndrift erklären wollten, schienen den Theorien über die Bewegung im Universum zu widersprechen. Diese sei zu langsam und werde allem Anschein nach anders gebremst, als dies die Gravitationstheorie nahelege. Da musste also noch mehr sein, eine Energie, die sich auf die Geschwindigkeit auswirkt. Dies seien die Dunkle Materie und die Dunkle Energie, folgerten Astrophysiker.

Die drei Nobelpreisträger lieferten entsprechende Formeln zur Verteilung der postulierten Elemente. Entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Astronomie besteht das Universum daher nur zu einem sehr kleinen Teil aus sichtbaren Elementen. Dunkle Energie und Dunkle Materie nehmen mehr als zwei Drittel ein. Sichtbar sind sie allerdings nicht.

Richard Rabensaat

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })