ZUR PERSON: „Es kann keiner verlangen, dass wir eine Gedenkstätte einrichten“
Theodor J. Tantzen, Vorstand der Prinz von Preußen Grundbesitz AG, zum Streit um die Nutzung der Kapelle im Augusta-Stift
Stand:
Herr Tantzen, die ehemalige Kapelle im Augusta-Stift, die auch als sowjetisches Militärtribunal genutzt wurde, soll entgegen dem Willen von Opferverbänden kein öffentlicher Gedenkort werden. Warum nicht?
Ein Gedenk- oder Erinnerungsort kann sie nicht werden, allein schon aus baurechtlichen Gründen. Die ehemalige Kapelle ist wegen mangelnden Brandschutzes nicht als Versammlungsraum genehmigt worden und darf auch nicht zu Besichtigungen genutzt werden, da ein zweiter Rettungsweg fehlt. Das ist die Formalie. Zweiter Grund ist, dass es der Prinz von Preußen AG auch wirtschaftlich nicht zumutbar ist, für die Kapelle und die damit verbundenen Flächen die Kosten für einen Erinnerungsort zu tragen.
Gehört die ehemalige Kapelle der Prinz von Preußen Grundbesitz AG?
Wir haben die Kapelle, die zwei Etagen umfasst, an eine Privatperson verkauft. Der neue Eigentümer möchte den oberen Bereich – den Bet- und Andachtsraum – so belassen, wie er war. Wir hatten ganz am Anfang die Idee, daraus eine Wohnung zu machen. Es ist aber nicht zulässig, eine Zwischendecke einzuziehen. Der jetzige Besitzer will jedoch den Kapellen-Bereich mit dem darunter liegenden Souterrain verbinden. Diese Öffnung hat es gegeben, als der Raum als Militärtribunal genutzt wurde. Der Eigentümer legt außerdem die alten Malereien in der Kapelle frei – sie entsprechen genau denen in der Burg Hohenzollern. Es ist fast eine museale Renovierung, die er da durchführt.
Wird der neue Besitzer die Kapelle öffnen?
Ich muss noch einmal deutlich machen: Es dürfen dort keine Versammlungen und öffentlichen Besichtigungen stattfinden. Das ist baupolizeilich verboten. Sollte allerdings der zweite Rettungsweg in Form der Treppe ins Souterrain genehmigt werden, möchte sich der neue Eigentümer auch interessierten Anfragern nicht verschließen.
Potsdams Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz hat sich festgelegt: Eine Wohnnutzung der Kapelle, in der vom Tribunal auch Todesurteile gesprochen wurden, werde die Stadt „nie“ genehmigen, sagte sie. Will der neue Eigentümer in der Kapelle wohnen?
Das wissen wir nicht. Wie der Eigentümer die Kapelle nutzt, ist seine Sache. Es kann sein, dass er sich dort ein Privatmuseum einrichtet – oder aber, einmal zugespitzt, sich eine Tischtennisplatte hereinstellt. Wir haben dem Erwerber den Raum so verkauft, wie er war. Die Sanierung wird er selbst übernehmen.
Hätte die Prinz von Preußen Grundbesitz AG die Kapelle nicht behalten und sie damit als Erinnerungsort sichern können?
Auch da stellt sich erneut die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Wir hätten diesen Raum und seine zugehörigen Nebenflächen finanziell unterhalten müssen. Es kann aber keiner von der Prinz von Preußen Grundbesitz AG, die ein Wirtschaftsgut kauft, verlangen, dass sie dort eine Dauergedenkstätte einrichtet. Deshalb muss es für die Kapelle eine wirtschaftliche Nutzung geben, über die jemand die Ausgaben trägt, selbst wenn es keine Einnahmen gibt. Im Übrigen war es den Opferverbänden unbenommen, die Kapelle zu erwerben. Es ist aber zu keinem Zeitpunkt eine Anfrage erfolgt oder ein Angebot abgegeben worden.
Welche Vorgaben hat die Denkmalpflege für den Raum gemacht?
Nach meinem Wissen müssen unter anderem der Balkon, die Holzschnitzereien und das Lenin-Medaillon erhalten bleiben. Aber es wird auch so nichts herausgenommen.
Hat die Denkmalpflege der Stadt Ihnen die Wohnnutzung der Kapelle verboten – und Ihnen nahe gelegt, sie zum Erinnerungsort zu machen?
Nein, das ist mir nicht bekannt. Es kann auch niemand über Eigentum verfügen und eine öffentliche Nutzung vorschreiben. Die Kirchengemeinden in Deutschland verkaufen derzeit jede Menge Kirchen, aus ihnen werden teilweise Wohnungen. Auch da wird niemand dem neuen Eigentümer sagen, er könne die Kirche zwar umbauen, müsse sie später aber öffentlich zugänglich machen.
Können Sie die Kritik der Opferverbände und des Fördervereins Gedenk- und Begegnungsstätte KGB-Gefängnis daran, dass die Kapelle nicht öffentlich wird, dennoch nachvollziehen?
Definitiv kann ich das nachvollziehen. Die Geschichte der Kapelle hängt mit dem Augusta-Stift unwiederbringlich zusammen. Auch dem Erwerber der Kapelle war bewusst, was dort einmal stattgefunden hat. Wobei es natürlich auch andere Orte in Potsdam gibt, an denen ähnliches Unrecht geschehen ist, und die ebenfalls keine öffentlichen Erinnerungsorte sind.
Am Samstag ist Schlüsselübergabe für das gesamte Kaiserin-Augusta-Stift, das Sie insgesamt 14,5 Millionen Euro gekostet hat. Sind alle Wohnungen vermietet?
Vier von 44 sind noch nicht vermietet. Es sind aber auch Eigennutzer aus Potsdam eingezogen.
Die Prinz von Preußen AG hat bereits mehrfach in Potsdam investiert.
Wir haben seit 2003 rund 90 Millionen Euro investiert, alles in exklusive Immobilien. Leider ist Potsdam schon fast ausverkauft. Es ist ein entwicklungsträchtiger Standort, ein großer Magnet, der von den deutschen Anlegern sehr gut angenommen wird. Erst im Herbst haben wir in den Roten Kasernen 102 Wohnungen verkauft. Ein Grund ist, dass Potsdam ein Promi-Standort geworden ist, eine Art Beverly Hills vor den Toren Berlins.
Gehört die Prominenz denn auch zu Ihren Kunden?
Eine ganze Reihe, ja. Es sind Prominente, die aus dem Boulevard bekannt sind, aber auch solche aus der Wirtschaft, die auch neue Projekte bauen. Neben dem Casino am Parc du Bois an der Garde-Ulanen-Kaserne beispielsweise lässt ein prominenter Erwerber durch uns 45 Neubauwohnungen erstellen. Besonders gefragt als Wohnungen sind die umgebauten, denkmalgeschützten Pferdeställe.
Wie sehr bringt sich das Haus Hohenzollern über Ihr Unternehmen in die Entwicklung in Potsdam ein?
Wir haben zwei Familienmitglieder im Unternehmen. Franz Friedrich Prinz von Preußen, der in Potsdam wohnt, ist Aktionär; der Aufsichtsratsvorsitzende ist Franz Wilhelm Prinz von Preußen mit Sitz in Madrid. Es ist der Familie ein großes Bedürfnis, gerade solche Objekte wie das Kaiserin-Augusta-Stift oder das Königlich-Preußische Proviantamt in der Speicherstadt wieder zum Leben zu erwecken. Auch Georg Friedrich Prinz von Preußen, Chef des Hauses Hohenzollern, hat sich unsere Projekte angesehen.
Das Interview führte Sabine Schicketanz
Theodor J. Tantzen ist Mitbegründer, Aktionär und seit dem Jahr 2002 Mitglied des Vorstandes der Prinz von Preußen Grundbesitz AG. Der 53-Jährige arbeitet am Hauptsitz des Unternehmens in Bonn und ist nach eigenen Angaben bereits rund 25 Jahre leitend in der Wohnungswirtschaft tätig. Die Prinz von Preußen Grundbesitz AG entwickelt in Potsdam große Teile der Speicherstadt, darunter den Schinkel-, den Boelcke- und den Persiusspeicher, sowie die Roten Kasernen. Fertig ist das Quartier „Parc du Bois“ der Ulanen-Kaserne.
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