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Landeshauptstadt: Etwas Taschengeld für die Witwen

Die Stiftung Lehrerwitwenhaus in der Zimmerstraße feiert morgen ihr 140-jähriges Bestehen

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„Mein Beruf ist zu Ende“, sagte Elisabeth nach dem Tod ihres Mannes, König Friedrich Wilhelm IV., im Jahre 1861. Es war der Beruf einer Königin, der für sie nun bedeutungslos wurde. Und dennoch hat die glaubensstarke Monarchin auch weiterhin soziale Einrichtungen in Preußen unterstützt und sogar einige gestiftet. Beispielsweise 1868 das Lehrerwitwenhaus in Potsdam, das heute noch existiert.

Am morgigen Sonntag feiern die Bewohner dieses historischen Hauses in der Zimmerstraße 12 mit Gästen das 140-jährige Bestehen der Stiftung. Heute wie damals leben darin zwölf Frauen. Wurden zur Gründungszeit nur Witwen von Lehrern evangelischer Konfession aufgenommen, die keine Rente erhielten und mittellos waren, so haben heute ehemalige kirchliche Mitarbeiterinnen dort Heimat gefunden: Pfarrerinnen im Ruhestand, Kirchenmusikerinnen, Katechetinnen oder auch Pfarrerswitwen. Natürlich bezahlt jede Bewohnerin eine Miete für ihre Wohnung, die aus zwei Zimmern, Küche und Bad besteht. Vor der Wende hatte die Stiftung bereits Pläne, das Lehrerwitwenhaus zu modernisieren. Aber erst nach 1990 konnte man aus finanziellen Gründen die umfangreichen Umbau- und Modernisierungsarbeiten in Angriff nehmen. Der wunderschöne Garten steht für sommerliche Erholung, für gemeinsame und private Feiern allen zur Verfügung.

Königin Elisabeth hatte ein Grundstück eines ehemaligen Zimmerermeisters gekauft. Das alte Haus ließ sie umbauen und 1868 wurde ein neues hinzugefügt. Stube, Schlafkammer, Küche und Holzgelass erhielt jede Lehrerswitwe zugewiesen, dazu Geld für Petroleum und wenn nötig, auch etwas Taschengeld. Die sanitären Einrichtungen waren damals nur über den Hof zu erreichen. Aber dies war ja bei vielen Häusern gang und gäbe. Und damit es allen klar wurde, nahm man folgenden Passus in die Hausordnung von 1892 auf: „Wasser, Unreinigkeiten u.s.w. dürfen nicht zum Fenster nach der Straße oder dem Hofe hinausgegossen oder geworfen werden.“ So manche Bewohnerin wurde schon in jungen Jahren Witwe, so dass sie oftmals mit ihren Kindern ins Haus kam. Doch es wurde darauf gedrungen, dass die Jungen nach der Konfirmation die Einrichtung verließen. Und Männerbesuch war sowieso verboten. Auf die strenge Einhaltung der Hausordnung achtete eine Diakonisse, die als Oberin das Sagen hatte. Auch heute hat eine Bewohnerin dieses Amt inne: Elisabeth Bitsching seit 25 Jahren. Natürlich nicht als Aufseherin, sondern als Ansprechpartnerin für die Belange des Hauses. Über das Lehrerwitwenhaus „wacht“ nach wie vor ein Kuratorium. Und eines seiner Mitglieder war und ist stets der erste Pfarrer der Friedenskirche. Zu dieser Gemeinde fühlen sich die Bewohnerinnen auch heute noch hingezogen. Für den Senioren- bzw. Bibelkreis engagieren sie sich beispielsweise, auch als Tempelwächterinnen verbringen sie so manche Stunde in der offenen Kirche, um den vielen Sanssouci-Touristen einen freundlichen Gruß zu entbieten und sie mit der Geschichte des Gotteshauses vertraut zu machen.

In der Friedenskirche übrigens fand die Stifterin des Lehrerwitwenhauses, Königin Elisabeth, ihre letzte Ruhestätte.

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