Landeshauptstadt: „Europagipfel“ in Potsdam
Info-Tour zum 50. EU-Gründungsjubiläum macht Station am Brandenburger Tor
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Innenstadt – Einen „Europagipfel“ in Form einer Kletterwand gibt es gestern und heute auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor. Angeschnallt und gesichert von Gipfel-Betreuer Moritz Hildebrandt, begaben sich viele Jugendliche auf die mehr oder weniger riskante Expedition vom italienischen Stiefel bis hoch nach Finnland. Die Kletterwand mit der unterlegten Europakarte gehört zur „Europa wird 50“-Tour des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, die in über fünfzig Städten Deutschlands Station macht.
Bundesminister Wolfgang Tiefensee, der im Jahr des Abschlusses der Römischen Verträge nach eigenem Bekunden zwei Jahre alt war, eröffnete die kleine Show, die vor allem junge Menschen ansprechen will, in Potsdam.
In einem Pavillon drängten sich Schülerinnen und Schüler des Oberstufenzentrums II am Schlaatz und richteten ihre Fragen an die Politiker. Landesinnenminister Jörg Schönbohm berichtete, dass er im Gründungsjahr der heutigen EU gerade sein Abitur ablegte und anschließend als Wehrpflichtiger in Frankreich diente. Als „Les boches“, mit dem alten Kriegs-Schimpfwort für die Deutschen, hätten die Franzosen die Bundeswehr-Rekruten damals bezeichnet, berichtet der spätere General. Diese feindselige Haltung sei heute undenkbar.
Mit der Werbetour soll Europa „dichter an die Bürger heranrücken“, nennt Tiefensee als Ziel. Dass dies notwendig ist, untermauerte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs mit der geringen Beteiligung an den Wahlen zum Europäischen Parlament alle fünf Jahre. „Gerade mal dreißig Prozent“ seien das gewesen und „auch die Quotierung des Europa-Büro im Stadthaus durch die Bürgerinnen und Bürger ist nicht sehr groß.“
Wie wenig bekannt viele europäische Regelungen und Erklärungen sind, zeigt ein Fragebogen, den die Veranstalter der Tour den Jugendlichen in die Hand drückten. „Was besagt die Lissabon-Strategie?“ – ist auf dem Fragezettel zu lesen. Für die meisten ein Buch mit sieben Siegeln.
Dynamik gibt es offenbar auf den Gebieten Arbeit, Ausbildung und Studium innerhalb der Europäischen Union. Nach Meinung von Gerhard Sabathil, Leiter der Vertretung der europäischen Kommission in Deutschland, arbeiten heute bereits 2,5 Prozent der deutschen Arbeitnehmer „im Ausland“. Und Jakobs nennt gemeinsame Ausbildungsprojekte deutscher und polnischer Lehrlinge auf dem Gebiet der Restaurierung. Laut Tiefensee ist beim Hochschulstudium eine positive Tendenz absehbar, indem die Studiengänge in den einzelnen Länder immer vergleichbarer und gleichwertiger werden. Die Master- und Bachelor-Abschlüsse am Hasso-Plattner-Institut zeigen, dass diese Entwicklung in Potsdam angekommen ist. Tiefensee beschwört die Zusammenarbeit beim Klimaschutz , bei der Energieerzeugung sowie im Autobau auf europäischer Ebene. „Wenn die Europäer nicht zusammenarbeiten, werden die Amerikaner und Asiaten die Nase vorn haben“, sagt er. Bei der Nutzung neuer Kraftstoffe und der Entwicklung neuartiger Motoren müsse es daher eine bessere Zusammenarbeit auf europäischer Ebene geben. Das würde, um die Azubi-Frage zu beantworten, im Sinne der „Lissabon-Strategie“ dazu führen, dass die EU bis zum Jahre 2010 zum „dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ wird.
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