zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Ex-Häftlinge ausgesperrt

KGB-Gefängnis Leistikowstraße von Gedenkstättenstiftung für Jubiläum nicht freigegeben

Stand:

Nauener Vorstadt - Die noch lebenden Häftlinge des ehemaligen KGB-Gefängnisses Leistikowstraße 1 werden das zehnjährige Jubiläum der Gedenkstätte und der Ausstellung „Von Potsdam nach Workuta“ nicht am Ort ihrer Leiden begehen können. Dies hat entgegen der Regelung in den Vorjahren die brandenburgische Gedenkstättenstiftung als neuer Betreiber ausgeschlossen. „Wir müssen deshalb ins nahegelegene Haus des Pfingstbergvereins ausweichen“, sagte die Historikerin Gisela Kurze von der Opfervereinigung Memorial, die die Veranstaltung gemeinsam mit dem Förderverein für die Gedenkstätte vorbereitet. „Da die Gedenkstätte sonntags geöffnet ist, hoffen wir, dass die Häftlinge dort wenigstens als Besucher willkommen sind.“

Auch nach massiven Protesten hält die Gedenkstättenstiftung daran fest, den Ort nicht vorrangig dem Gedenken der Opfer zu widmen, sondern zu einer Forschungsstätte zu profilieren. Deshalb sei die Eröffnung einer Dauerausstellung frühestens 2011 möglich. Bis dahin könne das ehemalige Gefängnis nur an den Wochenenden zugänglich gemacht werden, bekräftigte Leiterin Ines Reich. Diese Haltung wird von einem neu berufenen Kuratorium geteilt, in dem kein ehemaliger Häftling vertreten ist. Dies entspricht der Linie der Gedenkstättenleitung, die ein Mitspracherecht der bisherigen Betreiber Förderverein und Memorial ausschließt.

„Eine betrüblichen Kontinuität“ nennt dies eine vor kurzem gegründete Zeitzeugeninitiative. Ihr Sprecher ist Bodo Platt, der selbst sieben Jahre im Gulag eingekerkert war. Auf ein Schreiben an Kulturministerin Münch habe man erst nach Mahnung nach drei Monaten eine nichtssagende Antwort erhalten. Auf seinen Gesprächswunsch sei überhaupt nicht eingegangen worden, sagte Platt gestern den PNN. Das offensichtlich angestrebte „wissenschaftliches Institut“ könne dem Gedenken an die Opfer keinesfalls gerecht werden. Nach circa 16 Monaten ist dies die Bilanz der immer wieder vorgeschobenen „wissenschaftlichen Aufarbeitung“.

Der derzeitige Zustand, der bis zum Herbst 2011 beibehalten werden soll, sei eine denkmalpolitische Katastrophe, ein Verstoß gegen die Pflicht zur Aufklärung kommunistischer Verbrechen, erklärte die Zeitzeugeninitiative. „Sie ist die Folge eines nicht nachvollziehbaren Hochmuts der jetzigen Leitung, die bei Null anzufangen gedachte, obwohl in den Jahren zuvor schon sehr effektive und gut angenommene Gedenkstättenarbeit geleistet wurde“. Die Zeitzeugeninitiative sei „nicht bereit hinzunehmen, dass weiterhin den Opfern des stalinistischen Terrors in der Leistikowstraße kein Mitspracherecht eingeräumt wird. Wir fordern Transparenz und umgehend verbindliche Vorschläge zur Konzeption der Gedenk- und Begegnungsstätte sowie eine faire Diskussion darüber.“ Bis zur Übernahme durch die Stiftung sei die Gedenkstätte ein frei zugänglicher Ort der Erinnerung, des Gesprächs und der Begegnung gewesen, äußerte Bodo Platt. Diesen Charakter müsse sie zurückerhalten. E. Hohenstein

E. Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })