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Homepage: Experten im Netz finden

HPI-Doktorand entwickelt spezielle Software

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Das Internet unterscheidet sich nicht vom wirklichen Leben: Es gibt überall kluge und weniger kluge Menschen. Jetzt hat ein Informatiker eine Software entwickelt, um die Experten anhand ihrer Aktivitäten in der Netz-Community zu erkennen. „Wir möchten in unseren Netzwerken diejenigen Kontakte erkennen, die uns am besten dabei helfen, uns auf wesentliche Informationen zu konzentrieren“, erklärt Michael Noll das Forschungsanliegen seiner Doktorarbeit, die er beim Hasso-Plattner-Institut an der Universität Potsdam und an der Universität Luxemburg eingereicht hat.

Am Beispiel von delicious.com, einem Portal zur Verwaltung und Empfehlung von Internet-Bookmarks, entwickelte Noll einen Algorithmus – ein in Einzelschritte aufgeteiltes Verfahren für eine bestimmte Aufgabe – zur Bewertung von Expertentum. Das funktioniert so ähnlich wie der PageRank von Google: Dieses Verfahren berücksichtigt unter anderem die Anzahl und den Stellenwert von anderen Webseiten, die auf ein bestimmtes Internet-Angebot verlinken.

Noll erfasste für seine Formel mehrere Millionen Aktionen bei delicious.com – das Eintragen eines Weblinks und die Ergänzung um bestimmte Tags, also Stichwörter. Zu bestimmten Wissensbereichen wie dem „semantischen Web“ erfasste er insgesamt mehr als 100 000 Benutzer. Mit einer Webanwendung registrierte er, welche Anwender welche Webseiten als erste gespeichert haben – und welche Nutzer dann diesem Beispiel folgten.

„Wenn viele Benutzer das gleiche tun, finden wir heraus, wer in einer Community der Experte für verschiedene Wissensbereiche ist“, erklärt Noll. Das zusammen mit Professor Christoph Meinel und britischen Kollegen entwickelte Programm liest die Expertise eines Nutzers daran ab, wie hoch die Qualität der von ihm gefundenen und mit Tags erschlossenen Webseiten ist. Die Qualität der Webseiten wird wiederum daran gemessen, wie viele diese als interessant oder hochwertig bezeichnen.

Diesem Verfahren liegt die Erkenntnis zugrunde, dass „ein Experte gute Informationen schneller findet als der durchschnittliche Benutzer“. Und „wenn viele Benutzer das gleiche tun, merken wir, dass der erste Nutzer offenbar recht hatte“. Die Software trägt die Bezeichnung „Spear“ – als Abkürzung für „Spamming-resistant Expertise Analysis and Ranking“ (Spam-resistente Analyse von Bewertung von Expertise). Das Programm soll nur mit großem Aufwand auszutricksen sein, etwa von Spammern – also Personen oder Firmen, die massenhaft unerwünschte Werbemails versenden. Ein Angreifer könne den Algorithmus nur mit viel Mühe aushebeln, erklärt Noll. „Ein Spammer, der kein Experte ist, kann sich kaum an die Spitze des Feldes manipulieren.“

Die Spitze des Feldes, das sind Internet-Nutzer mit dem Expertenwert 1 oder knapp darunter. Wer von der Software mit dem Wert 0 eingestuft wird, hat zumindest in diesem Wissensbereich keine Ahnung. Bei einer Spear-Analyse zur Webanwendungssprache JavaScript ergab sich, dass zwei professionelle Software-Entwickler die höchsten Werte erhielten – und dass auf den ersten 200 Plätzen kein einziger Spammer zu finden war.

„Unser Ansatz kann deutlich erweitert werden“, sagt Noll, „auch über das Social Web hinaus.“ So lässt sich der Algorithmus auch darauf ansetzen, wie oft Wissenschaftler publizieren und ihre Werke wechselseitig zitieren. In einem nächsten Schritt will sich Noll der Twitter-Community zuwenden und Fragen beantworten wie: „Gibt es unter meinen Followern besondere Experten? Welche sind eher irrelevant? Und wer leitet Informationen von mir weiter? Auf der Grundlage von Projekten wie Spear lassen sich auch viele Szenarien vorstellen, um die Informationsflut im Netz besser kanalisieren zu können. Suchmaschinen für Webseiten und andere Dokumente können das auf Dauer nicht leisten. Peter Zschunke

Peter Zschunke

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