Von Peer Straube: Explosion der Betriebskosten
Wohnungswirtschaft kritisiert Stadtwerke und fordert mehr Transparenz
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Die Wohnungsunternehmen des Arbeitskreises Stadtspuren schlagen wegen explodierender Betriebskosten Alarm und machen dafür Politik und die kommunalen Stadtwerke verantwortlich. Die Kostensteigerungen lägen „hauptsächlich in der Verantwortung der öffentlichen Hand und der Versorger“, sagte Stadtspuren-Sprecher Carsten Hagenau gestern vor Journalisten.
Die sieben Unternehmen, die mit zusammen 32 000 Wohnungen über 40 Prozent des Bestandes verfügen, stützen sich dabei erstmals auf eine detaillierte Aufstellung der Betriebskostenentwicklung der letzten sechs Jahre. Rund 1,4 Millionen Daten wurden jährlich ins Programm gespeist, sämtliche Häuser der Wohnungswirtschaft sind dort gelistet, ebenso Preisentwicklungen und Verbrauchsverhalten. Detailgenau kann so ermittelt werden, ob ein bestimmtes Haus bei einzelnen Kostenarten besser oder schlechter abschneidet als der Durchschnitt. Da nun aber bereits 80 Prozent der Stadtspuren-Häuser saniert sind, das Verbrauchsverhalten der Mieter seit Jahren rückläufig sei, habe die Wohnungswirtschaft selbst nun keine Möglichkeit mehr, gegenzusteuern, sagte Hagenau. „Ab jetzt wird jede Kostensteigerung voll auf die Miete durchschlagen“, warnte der Stadtspuren-Sprecher.
Der Betriebskostenanteil an der Bruttowarmmiete liegt schon jetzt bei rund einem Drittel. 70 Prozent der Betriebskosten wiederum würden von kommunalen Gebühren und Versorgern verursacht, erklärte Bodo Jablonowski von der Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“. Und die Preise sind seit 2003 rasant nach oben geschnellt. Die größten Posten in der Rechnung – Heizkosten und Warmwasser – sind seitdem um knapp 40 beziehungsweise fast 29 Prozent gestiegen. Rechnet man das auf eine durchschnittliche 60-Quadratmeter-Wohnung hoch, müssen die Mieter heute gegenüber 2003 nahezu 200 Euro pro Jahr mehr für ihre Betriebskosten zahlen.
Das computergestützte Datenwerk wollen die Stadtspuren-Unternehmen jährlich aktualisieren und künftig als Druckmittel gegen die Stadtpolitik einsetzen. „Ständig“, so Jablonowski, würden Mieter fragen, warum die Betriebskosten steigen, obwohl ihre Häuser saniert seien und sie weniger verbrauchten. Die Stadtverordneten müssten die Preisentwicklung der kommunalen Versorger wie Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) verstärkt beobachten, mahnte „Karl Marx“- und Stadtspuren-Chef Ulf Hahn. Jablonowski forderte mehr Transparenz bei der Preiskalkulation. Sowohl die Stadtwerke-Führung als auch Kämmerer Burkhard Exner (SPD) hatten eine Offenlegung bislang stets mit dem Verweis auf mögliche Wettbewerbsnachteile abgelehnt. Preiserhöhungen dürften aber nur im nötigen, nicht im möglichen Maße erfolgen, forderte Jablonowski.
Vor dem Hintergrund der, wie Hagenau formulierte, „explodierenden“ Betriebskosten, stößt der Wohnungswirtschaft die geplante Star-Parade zum Jubiläum des Stadtwerkefestes sauer auf. Er wolle nicht in „naheliegende Polemik“ verfallen, erklärte Hahn, doch sei so etwas „schwierig zu vermitteln“. Zum dreitägigen Spektakel Anfang Juli im Lustgarten werden diesmal unter anderem Joe Cocker, Billy Idol, Montserrat Caballé, Nena und die Puhdys erwartet. Ob das städtische Unternehmen dem Bürger als Dankeschön ein so üppiges Angebot bereiten müsse, sei zumindest „streitbar“, sagte auch Jablonowski.
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