Von Britta Beyer: Fabrikanten-Enkelin gründete die Max-Grünebaum-Stiftung
Die 93-jährige Ursula Hulme, Nachkommin des jüdischen Tuchherstellers besuchte Cottbus / Textilkunst im Wendischen Museum
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Cottbus - Ein schwarz-weiß gemustertes Kopftuch (sorbisch: „lapka“) und ein handbemaltes rotes Seidentuch sind der Blickfang in einer Glasvitrine im Wendischen Museum in Cottbus. Zwei handgefertigte Damenkleider auf Kleiderständern mitten im Ausstellungsraum sind weitere Hingucker. Landschaftsaquarelle und Porträts, aber auch farbintensive Malereien sowie Textilentwürfe illustrieren mehrere Schaffensperioden der Künstlerin Ursula Hulme, deren Arbeiten jetzt in der Sonderausstellung „Lapka – Kopftuch“ zu sehen sind.
Die 93-jährige Enkelin des jüdischen Fabrikanten und Kommerzienrats Max Grünebaum (1851-1925) war zur Eröffnung der Ausstellung aus London nach Cottbus gekommen. „Wir sind sehr glücklich, dass wir Ursula Hulme für unsere neue Museumsgalerie mit drei ungewöhnlichen Frauen und Künstlerinnen gewinnen konnten“, sagte Kustodin Christina Kliem vom Wendischen Museum. Ebenfalls zu sehen sind in der Schau Arbeiten der Textilkünstlerin Ellen Lehmann aus dem abgebaggerten Dorf Weißagk bei Forst und der inzwischen gestorbenen sorbischen Künstlerin Mariannne Kuhle aus Heinersbrück bei Peitz. Beide stammen wie Ursula Hulme auch aus der Niederlausitz. Dieser Landstrich habe das Leben und Wirken der drei Frauen stark beeinflusst, sagte die Kustodin. Am ungewöhnlichsten sei aber der bisherige Lebensweg der 1917 in Cottbus geborenen Ursula Hulme verlaufen. Hulmes Vater, der heutige Cottbuser Ehrenbürger Max Grünebaum, war jüdischer Tuchfabrikant in Cottbus und engagierte sich sehr für die Arbeiter in seiner Fabrik und die Bürger der Stadt. 1997 hatte Ursula Hulme mit weiteren Enkeln die Max-Grünebaum-Stiftung gegründet. Das Stiftungskapital stammt aus Geldern, die die Familie 1990 als Entschädigung für das unter den Nationalsozialisten enteignete Vermögen erhielt. Daraus entstanden die Max-Grünebaum-Preise, die an Künstler des Staatstheaters Cottbus sowie seit 1999 auch an Studenten und Doktoranden der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus verliehen werden (siehe Kasten).
Hulme wollte den Beruf einer Textilzeichnerin erlernen, konnte aber nach der Machtergreifung Hitlers als Tochter eines Juden diese Ausbildung nicht beenden. 1938 floh sie vor der zunehmenden Jugendverfolgung über die Tschechoslowakei nach England. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Ursula Hulme als Krankenschwester und dann als Textildesignerin. „Nimm einen Bleistift, um einen Spaziergang zu machen, wenn deine Beine dich nicht mehr tragen können“, ist eine Devis von Hulmes. Sie fand ihre Lebensaufgabe darin, Menschen mit Behinderungen durch künstlerische Tätigkeit neuen Lebensmut zu geben. Seit 1958 hat sie in England ein großes, soziales Netzwerk aufgebaut. Für ihre karitative Arbeit wurde sie 1991 von der britischen Königin mit dem „Order of the British Empire“ geehrt.
„Ursula Hulme ist noch voller Lebensfreude und Tatendrang“, beschrieb der Leiter des Cottbuser Stadtmuseums, Steffen Krestin die Künstlerin. Die Enkelin von Max Grünebaum nutzte ihren Besuch in der Stadt auch, um sich in das Goldene Buch der Stadt einzutragen.
Die Ausstellung im Wendischen Museum in der Cottbuser Mühlenstraße ist bis zum 27. Februar 2011 zu sehen.
Britta Beyer
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