
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Fahrende Geschichte
Potsdam ist derzeit das Mekka für Oldtimer-Fans. Noch bis Samstag findet eine ADAC-Rallye statt
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Der Geruch von Benzin hängt in der Luft. Das laute Knattern der Motoren übertönt die fröhlichen Begrüßungsrufe der Fahrer. Dicht an dicht drängen sich Oldtimer auf dem Luisenplatz und warten auf den Startschuss. Dann heißt es „Start your engines!“ und die diesjährige „ADAC Deutschland Klassik 2014“ ist eröffnet.
Seit dem gestrigen Donnerstag findet die Tour statt, bei der etwa 200 Teilnehmer in 100 historischen Fahrzeugen die Umgebung rund um Potsdam kennenlernen. Noch bis zum Samstag dauert das Spektakel. Seit vier Jahren gibt es das sogenannte „Oldtimer-Wandern“, das jedes Jahr in einer anderen Region Deutschlands angesiedelt ist. Dabei treffen sich Oltimer-Fahrer, -Liebhaber und -Sammler zum gemeinsamen Austausch und natürlich zum Fahren. Insgesamt 400 Kilometer legen die historischen Autos in insgesamt drei Tagestouren zurück. Dabei geht es vom Brandenburger Tor am Luisenplatz unter anderem über die Glienicker Brücke zum Schloss Caputh, nach Groß Behnitz, zum Schlossplatz nach Oranienburg, nach Reckhahn bei Kloster Lehnin ins Schulmuseum und auf den Spargelhof in Klaistow.
Das Tempo spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle, wie ADAC-Klassik-Referent Mario Theissen sagt: „Das ist keine sportliche Veranstaltung. Wir sind keine Rallye, sondern eine Oldtimer-Wanderung, bei der Entschleunigung, Genuss, Unterhaltung und Kultur im Vordergrund stehen.“ Einen kleinen Wettbewerb gibt es aber dennoch: An jedem Haltepunkt müssen die Teilnehmer einen Fragebogen in einer vorgegebenen Zeit von drei bis vier Minuten ausfüllen. „Da geht es aber auch eher um den Spaß als um perfektes Wissen“, so Theissen. „Die Leute müssen zum Beispiel den Umfang eines Baumes schätzen oder wie viele Strohhalme in einem Heuballen sind.“ Für den Sieger winkt dann ein Ehrenpreis in Form eines Pokals. Außerdem werden am Freitag beim „Concours d’Elégance“ auf dem Schlossplatz Oranienburg die schönsten Fahrzeuge in einzelnen Altersklassen ausgewählt. Eine Jury bewertet die Autos nach Originalität, Historie, Pflegezustand oder Gesamterscheinung. Am Samstag werden die Gewinner mit hochwertigen Uhr-Preisen prämiert.
Wer die Fahrzeuge in Potsdam bestaunen will, hat am heutigen Freitag und morgigen Samstag Gelegenheit, denn die Tagestouren beginnen und enden am Brandenburger Tor. Start ist jeweils zwischen 8 und 9.45 Uhr, Ankunft am Freitag zwischen 16 und 18.15 Uhr sowie am Samstag zwischen 15.15 und 17.45 Uhr. Dabei kann man auch mit den Oldtimer-Besitzern ins Gespräch kommen. Zum Beispiel mit Karl und Anne Kraus aus Berlin. Sie nehmen mit einem Bentley MK VI aus dem Jahr 1951 an der Tour teil – sind aber Besitzer von mehr als zehn Oldtimern, die aus den Jahren 1929 bis 1983 stammen. Bis zu 50 Stunden Schrauben und Putzen steckt Karl Kraus jährlich in seine Autos und das mit viel Herzblut, wie er sagt. „Es ist ja auch eine Art von Werterhaltung“, so Kraus. „Und es bringt einfach so viel Spaß und Freude, das wiegt all die Arbeit wieder auf.“
Das kann auch Peter Kühn aus Cottbus bestätigen. Mit seinem gelben Postbus aus dem Jahr 1929 nimmt er zwar außer Konkurrenz an der Veranstaltung teil, ist aber dennoch mit Leidenschaft dabei. Um seinen Oldtimer fahren zu können, hat er sogar extra einen Busführerschein gemacht, den er alle fünf Jahre verlängern muss. „Meine Frau hat zum Glück ein großes Herz und unterstützt mich dabei“, erzählt er und lacht. Sie habe sogar eine Fahrt nach Salzwedel bei vier Grad Außentemperatur mitgemacht – und das obwohl der Bus zwar über ein Dach, aber keine geschlossenen Seiten verfügt. S. Kugler
S. Kugler
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