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POSITION: Faktisch kaum ein besserer Schutz

Strafrahmenerhöhung bei Angriffen auf Polizisten und Einbrüchen ist fragwürdig Von Fabian Stam

Stand:

Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas (SPD) macht gegenwärtig mit Plänen im strafrechtlichen Bereich auf sich aufmerksam: Zum Schutz vor Einbruchsdiebstählen und vor Angriffen auf Polizisten sollen, so der Minister, diese Handlungen schärfer bestraft werden. Entwürfe hierzu sollen noch vor Weihnachten vorgelegt werden. Die geplanten Neufassungen werden aber das Strafrecht faktisch kaum ändern und voraussichtlich keinen besseren Schutz vor entsprechenden Taten bieten.

Zum Angriff auf Polizisten: Dieser soll, als Widerstand gegen die Staatsgewalt, künftig mit Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bestraft werden – bisher ist insoweit auch die Bestrafung mit Geldstrafe möglich. Was hierbei verschwiegen wird: Betreffende Angriffe sind nach geltendem Recht zumeist auch als gefährliche Körperverletzung strafbar, wenn sie nämlich – etwa bei Demonstrationen – gemeinschaftlich von mehreren Personen oder mit einer Waffe oder einem gefährlichen Werkzeug verübt werden; die Strafe ist: mindestens sechs Monate Freiheitsstrafe (außer in minder schweren Fällen). Nur in dem praktischen Ausnahmefall, dass ein einzelner Unbewaffneter einen Polizisten angreift, würde sich also die Mindeststrafe erhöhen. Wie die Anhebung der Mindeststrafe nur für diesen – spezifisch ungefährlichen – Ausnahmefall Polizisten spürbar schützen könnte, ist nicht ersichtlich.

Ähnlich verhält es sich mit dem Plan, den Einbruchsdiebstahl härter zu bestrafen: Nur bei einfachem Diebstahl ist die Bestrafung mit Geldstrafe möglich; bricht der Täter hierfür in einen umschlossenen Raum ein, beträgt die Mindeststrafe in der Regel drei Monate Freiheitsstrafe; bricht der Täter in eine Wohnung ein, drohen ihm sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe – außer im minder schweren Fall des Wohnungseinbruchsdiebstahls, der mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren geahndet wird. Diese letztere Möglichkeit der Strafmilderung soll nun abgeschafft werden. Zur Begründung dafür heißt es, dass es sich um Straftaten handele, „die in die Intimsphäre der Menschen eindringen – und bei den Opfern traumatische Folgen haben können“. Das trifft natürlich zu, schließt aber nicht aus, dass es auch hier minder schwere Fälle geben kann, etwa wenn niemand psychisch geschädigt wird und dies mit weiteren Milderungsgründen kumuliert. Die Milderungsmöglichkeit ist daher gerecht. Geradezu grotesk erscheint hingegen die Vorstellung, die offenbar im Justizministerium vorherrscht, dass nämlich Richter allen Ernstes dort einen minder schweren Fall annehmen, wo keiner vorliegt. Nur wenn diese Fehlvorstellung zuträfe, hätte die geplante Gesetzesänderung Sinn.

In der Sache handelt es sich bei den Plänen also um nichts als symbolhafte politische Signale, nach denen Angriffe auf Polizisten sowie Wohnungseinbruchsdiebstähle als etwas besonders Sanktionswürdiges gelten sollen. Man kann sich durchaus auf den Standpunkt stellen, dass symbolisches Strafrecht, eingesetzt als soziales Steuerungsmittel, sinnvoll sein kann. Hier ist es das aber jedenfalls nicht, da es die Probleme nicht löst: Kein Einbruch, kein Angriff auf Polizisten wird hierdurch verhindert, keine Tat zusätzlich aufgeklärt.

Die Pläne des Ministers sind nun aber nicht nur nicht nützlich, sondern sie sind auch schädlich. Gerade weil der Anstieg der Einbruchsdiebstähle ebenso besorgniserregend ist wie die Zunahme von Gewalt gegen Polizisten, die sich für das Gemeinwohl einsetzen und dabei viel riskieren, also besonders schutzwürdig sind, ist es schädlich, wenn der Rechtsstaat so tut, als ob er etwas tut, anstatt etwas zu tun. Strafrecht hat den Zweck, Straftaten zu verhindern. Für diese Abschreckungswirkung ist, so die kriminologische Forschung in seltener Einmütigkeit, nicht die Höhe der angedrohten Strafe entscheidend, sondern der Grad der Entdeckungsgefahr. Erfolgversprechend ist deshalb allein die effektive Kriminalitätsbekämpfung – die ausschließlich durch tatsächliche Verbesserung auf allen Ebenen der Strafverfolgung, insbesondere die bessere personelle (und sachliche) Ausstattung von Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten zu erreichen ist. Ein wirksamer Schutz von Polizisten und ein wirksamer Schutz vor Einbruchsdiebstählen ist nicht mit – billig zu habenden – Gesetzesverschärfungen, sondern mit dem Einsatz erheblicher finanzieller Mittel an der richtigen Stelle zu erreichen. Das sollte die Politik offen und ehrlich sagen, anstatt diese klare Faktenlage mittels evident sinnloser Gesetzgebungsaktivitäten vernebeln zu wollen.

Der Autor ist akademischer Mitarbeiter an der Universität Potsdam

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