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Aus dem GERICHTSSAAL: Falschaussage für den Freund

Strafvereitelung versucht, Angeklagte uneinsichtig

Stand:

Gisela G.* (56) ist mit dem Urteil nicht einverstanden. Aufgebracht legt sie sofort nach der Verhandlung Rechtsmittel gegen die Geldstrafe von 900 Euro ein. Die Unternehmerin beruft sich auf Unkenntnis der Gesetze. Amtsrichter Lange vermutet allerdings, sie tische ihm ein Märchen auf.

Gisela G. sitzt wegen versuchter Strafvereitelung auf der Anklagebank. Sie soll im Ermittlungsverfahren gegen ihren Bekannten Jürgen J.* – ihm wurde Fahren ohne Fahrerlaubnis zur Last gelegt – wahrheitswidrig behauptet haben, nicht er, sondern sie habe den Smart am 19. Januar 2006 gelenkt, in dem das Paar am Nachmittag in der Dortustraße von der Polizei gestoppt wurde. Genützt hat ihrem Freund die Lüge nicht. Er wurde mit einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung sanktioniert.

Ein Polizeibeamter, dem Jürgen J. wegen diverser Ordnungswidrigkeiten bekannt war, der wusste, dass dem Mann die Fahrerlaubnis entzogen wurde, beobachtete an jenen Wintertag, wie sich Gisela G. „auf dem Fahrersitz einrichtete“, nachdem ihr Bekannter ausgestiegen und zu einen nahe gelegenen Geldinstitut gegangen war. Er erstattete Anzeige gegen den Mann.

„Jürgen bat mich auszusagen, dass ich gefahren sei“, so Gisela G. während ihres Prozesses. „Er wollte mir hinterher alles erklären.“ Dass er zum damaligen Zeitpunkt gar nicht an Steuer eines Autos durfte, will sie nicht gewusst haben. „Sonst hätte ich mich doch nicht neben ihn gesetzt“, beteuert sie.

„Spätestens seit dem 27. März 2006 muss es Ihnen dann aber klar, gewesen sein“, wirft der Vorsitzende ein. „An diesem Tag wurden Sie als Zeugin aufs Präsidium geladen. Sie wurden mit dem Gegenstand ihrer Vernehmung vertraut gemacht, und der lautete, Verdacht des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen Jürgen J. Sie haben das Protokoll der Befragung auch unterschrieben.“

Statt mit der Wahrheit herauszurücken, präsentierte die Frau den Polizisten die abgesprochene Version, blieb auch später dabei. Noch bis zur Verhandlung gegen Jürgen J. am 27. Juli 2006 wäre Zeit gewesen, die bei der Polizei gemachte Falschaussage zu korrigieren. Juristen nennen das „Rücktritt vom Versuch“, und der ist straffrei. „Das habe ich nicht gewusst“, behauptet Gisela G. „Meine Anwältin hat mir auch nichts gesagt. Ich verstehe überhaupt nicht, weshalb ich heute verurteilt werde.“

Amtsrichter Lange mutmaßt: „Da haben zwei Leute versucht, Polizei und Justiz an der Nase herumzuführen.“ Die Angeklagte habe nach Kräften versucht, ihren Bekannten vor der Strafverfolgung zu schützen. Allerdings habe Jürgen J. in seinem Prozess dann ein Geständnis abgelegt. (*Namen geändert.) Hoga

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