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Landeshauptstadt: Farbe für die Platte

Konzept an der Neustädter Havelbucht vollendet / Künstler-Mosaik verhüllt

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Innenstadt - Das farbliche Gestaltungskonzept an der Neustädter Havelbucht ist jetzt, zehn Jahre nach seinem Start, abgeschlossen. Den Schlusspunkt setzte das Wohnungsunternehmen Semmelhaack mit der Modernisierung der Häuserzeile entlang der Schopenhauerstraße. In der Farbgestaltung fügt sich dieser Block mit seinen 177 Wohnungen gut in die bereits vor Jahren modernisierten übrigen fast zweitausend Plattenbauwohnungen an der Neustädter Havelbucht ein.

„Etwas zurückhaltender, nicht ganz so grell“ sei die Farbgebung ausgefallen, sagt Berko Dibowski von der Firma Semmelhaack. Als er Ende der 1990er Jahre zum ersten Mal die neuen Farben sah, sei er nicht gerade begeistert gewesen, berichtet er. Aber der Anblick vom Bahndamm aus bei seinen Radtouren über den Küssel sei „einfach großartig“. Semmelhaack habe auf die neu gestalteten Balkons beziehungsweise Loggien verzichtet, was dem Ganzen eine etwas zurückhaltende Gestalt gebe. Restauriert wurden auch die künstlerischen Hausmarken mit russischen Motiven an den Eingängen.

Die zur Breiten Straße gerichtete Häuserfront, auf dem sich vor der Modernisierung ein Mosaik des Potsdamer Künstlers Karl Raetsch befand, wird von vielen Passanten allerdings jetzt als trist empfunden. Das Mosaik verschwand unter einer Wärmedämmschicht. „Wir haben viele Gutachten zum Erhalt eingeholt“, sagt Dibowski. Aber eine Restaurierung hätte „exorbitant viel Geld gekostet.“. Das Mosaik sei nämlich großflächig hohl und schadhaft gewesen. Eine Wärmedämmung der exponierten Wand sei aber im Interesse der Mieter unbedingt erforderlich. „Der Entschluss, auf das Mosaik zu verzichten, ist uns nicht leicht gefallen“, so Dibowski. Auf eine ähnliche Arbeit von Peter Rohn an einer Fassade am Kiewitt, welche die PWG 1956 im Zuge der Modernisierung erhalten hat, angesprochen, sagt er: „Das muss jedes Unternehmen selbst entscheiden.“

Die Farbgestaltung der Wohnanlagen an der Neustädter Havelbucht geht auf ein Gemeinschaftsprojekt der Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaft 1956, der Wohnungsbaugenossenschaft Karl Marx und der Gemeinnützigen Wohn- und Baugesellschaft zurück. Das brandenburgische Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr sowie die Kreditanstalt für Wiederaufbau förderten das Vorhaben und die Stadt Potsdam übernahm die Koordination. Das Farbkonzept entwickelte das Büro für Farbdesign Antje Möbius. Die ungewöhnliche Farbgestaltung, die der damalige Koordinator Richard Röhrbein „als einmalige optische Aufwertung von Plattenbauten“ bezeichnet, war jedoch das Ergebnis einer Teamarbeit. Zur Vorbereitung entstand eigens eine „Arbeitsgemeinschaft Farbgestaltung“, der je zwei Vertreter der Wohnungsunternehmen, zwei Mitarbeiter der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, der Farbexperte der Unteren Denkmalbehörde, die Design-Firma und drei Mitarbeiter der Stadtbaudirektion angehörten. Der damalige Stadtbaudirektor Röhrbein koordinierte das Ganze.

„Ich stehe auf dem Terrassenberg von Sanssouci. Hinter mir, im Norden, das Schloss Friedrichs II. Der Blick reicht weit in die Landschaft über die Havel hinweg zu dem leichten Höhenzug am Nordrand des Flusses. In diesem Sichtfächer, akzentuiert durch die Friedenskirche im Osten, durch die Erlöserkirche in der Brandenburger Vorstadt und die hohen Baumkronen des Parks im Westen – endet der Blick nach Süden an dem Gebäudemassiv des Kiewitt. Östlich davon ragen die Kämme der Umbauung der Neustädter Havelbucht auf.“ Diese Schilderung in einer Broschüre zur Havelbucht zeigt die ganze Problematik auf. „Es gab nach der Wende Stimmen, welche den Abriss oder die Abstockung der exponierten Bauten forderten“, berichtet Röhrbein. Schließlich habe sich die Aufwertung durchgesetzt. In diesem Konzept war es nicht vertretbar, die Plattenbauten durch eine schlichte Farbgebung gleichsam „wegzustreichen.“ Die nun vollendete farbenfrohe Gestaltung habe sich als richtig erwiesen: „Die Menschen leben gern hier.“ Günter Schenke

Günter Schenke

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