Aus dem GERICHTSSAAL: Fast ein Bein verloren

Drei Monate verbrachte Tobias T.* (18) im Bergmann-Klinikum. Insgesamt 20 mal wurde er operiert. Lange Zeit sah es so aus, als müsse das linke Bein des Schülers amputiert werden. Doch Tobias T. hatte Glück im Unglück. Der komplizierte offene Bruch heilte dank ärztlichem Geschick, auch wenn er sein Bein voraussichtlich nie wieder richtig belasten kann.

Am 22. November 2006 war Tobias T. auf seinem Motorrad unterwegs zu seinem Großvater. Der leidet an Demenz. Der Enkel kümmert sich regelmäßig um den alten Herrn, achtet darauf, dass er isst und genügend trinkt. „Mein Opa wohnt in einer Gartenanlage. Weil die meisten Leute diese Einfahrt nicht kennen, habe ich rechtzeitig angefangen zu blinken, mich auf meiner Fahrspur links eingeordnet und die Geschwindigkeit verringert“, erzählt Tobias T. Als er den Schulterblick vor dem Linksabbiegen machte, habe er aus dem Augenwinkel ein Auto hinter sich bemerkt. „Dann lag ich auch schon auf der Straße und sah das ganze Blut.“ Gernot G.* (47) – angeklagt wegen fahrlässiger Körperverletzung – gibt Tobias T. offensichtlich eine Mitschuld an dem Unfall. Der Staatsanwalt geht allerdings von einer Sorgfaltspflichtverletzung des VW-Fahrers aus, betont das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung. „Der Motorradfahrer blinkte lediglich zweimal, dann ging das Stopplicht an“, berichtet der Mini-Jobber. „Er hat sich nicht links eingeordnet. Vom Schulterblick habe ich auch nichts gesehen. Als ich ihn überholen wollte, zog er plötzlich nach links rüber.“ Ralf R.* (39), der an jenem Tag hinter dem Angeklagten unterwegs war, erinnert sich: „Ich hatte schon das Gefühl, dass der Kradfahrer nach links abbiegen wollte.“ Allerdings ist auch er sich sicher, Tobias T. habe nur kurz geblinkt und dann gebremst. Der Verteidiger fordert ein Gutachten. Es soll klären, wo genau sich die Anstoßstelle befand und ob das Krad des Schülers technisch einwandfrei war. Die Verhandlung wird ausgesetzt. (*Namen geändert.) Hoga