Aus dem GERICHTSSAAL: Fast fliegender Uhu
Kunstwerk aus Schmiedeeisen war so gut wie lose
Stand:
„Als Angeklagter haben Sie das letzte Wort“, wendet sich Amtsrichter Wolfgang Peters an Klaus K. (54, Name geändert). Der schüttelt die lange, ungepflegte Mähne. „Mir fehlen die Worte“, nuschelt er. Zuvor hatte der Alkoholiker allerdings vehement bestritten, am 13. November 2006 versucht zu haben, mit einem Komplizen den schmiedeeisernen Uhu über der Eingangstür der ehemaligen Alexander-von-Humboldt-Buchhandlung zu stehlen. Verurteilt wurde der über 20-mal Vorbestrafte dennoch, und zwar zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro.
Ein Passant beobachtete gegen 19.45 Uhr zwei Männer, die sich an dem Kunstobjekt zu schaffen machten, alarmierte die Polizei. Die fand Klaus K. und seinen Kumpel auf einer Blumenrabatte sitzend, beide stark betrunken, neben sich eine Reihe von Bierflaschen. Beide bestritten, die Schrauben des gewichtigen Vogels, der nur noch „an einem Faden“ hing und von der Feuerwehr wieder befestigt wurde, gelöst zu haben. Die Beamten schauten schärfer hin, entdeckten in der Nähe des Tatorts eine große hölzerne Malerleiter. Zudem saß der vermeintliche Mittäter des Angeklagten auf einem Beutel mit mehreren Maulschlüsseln und einer Dose Rostlöser. Er pustete sich auf drei Promille. Klaus K. – so ein Polizeizeuge – verweigerte den Test, da er unter Asthma leide. Die ihm anschließend entnommene Blutprobe wies lediglich 1,28 Promille aus. „Da staune ick aber. Beim letzten Mal hatte ick vier“, wirft der in Adidas-Trainingsjacke und gestreifter Hose Erschienene ein. „Ick bin nämlich schon als Alkoholiker auf die Welt gekommen. Mein Vater hat mich im Suff gezeugt.“ Dann fragt er: „Wie soll ick denn drei Meter hoch klettern und eine zwei Zentner schwere Eule klauen? Ick bin zu fünfzig Prozent schwerbehindert.“ Der Staatsanwalt mutmaßt, Klaus K. habe seinem Komplizen die Leiter gehalten. Der sollte gestern eigentlich auch auf der Anklagebank sitzen. Aber er liegt derzeit im Krankenhaus. Seiner Strafe wird er dennoch nicht entgehen.
Ein weiterer als Zeuge geladener Polizist kann sich „eigentlich nicht vorstellen“, dass die zwei stark Betrunkenen noch in der Lage gewesen sein sollen, auf eine Leiter zu steigen. „Sie sagten, sie wollten sich das bloß mal anschauen“, berichtet er. „Doch auf dem Boden lagen Schrauben, Bolzen und Unterlegscheiben.“ Sein Kollege ergänzt: „Die Beschreibung der Männer, die wir vor der Bibliothek antrafen, entsprach exakt den Beobachtungen, die der Augenzeuge gemacht hatte. Das ist einer von ihnen“, sagt er, deutet auf den Angeklagten.
„Die Indizien sprechen eindeutig gegen Sie“, betont Richter Peters. „Im übrigen können Sie beantragen, die Strafe in Raten abzuzahlen.“ Hoga
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