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Landeshauptstadt: Fauch fliegt durchs Palais

Schlossdrache bringt Kindern die Lebenswelt Friedrichs des Großen nahe

Stand:

Der Schlossdrache Johann Ludwig von Fauch hat seinen Platz auf dem weißen Porzellanofen der Königlichen Bibliothek verlassen und fliegt wieder durchs Neue Palais. Nicht etwa um zu erschrecken, sondern um Kinder und Jugendlichen die Geschichte des Schlosses anschaulich näher zu bringen. Diesmal hat die Geburtstagsgesellschaft des jetzt neunjährigen Oskar das Fabelwesen in ihre Dienste genommen. Gästeführerin Andrea Möller hält das lebhafte Tier, das schon mal spielerisch nach den Besuchern schnappt, und leiht ihm ihre Stimme.

Angst zeigt die muntere Schar keineswegs, und Fauch hat manchmal Mühe, sich beim Rundgang durch die Königswohnung Friedrichs des Großen stimmlich durchzusetzen. Außerdem erweisen sich die Kinder als erstaunlich gut informiert. Sie wissen über den Alten Fritz Bescheid und dass Sanssouci „Ohne Sorge“ bedeutet. Vor einem Gemälde in der Grünen Kammer zählen sie im Handumdrehen die dargestellten Personen auf: das Jesuskind, Maria und Joseph, die Heiligen drei Könige Missmutig beäugt Ronja die Schildpattverzierungen an Königs Möbeln. Sie weiß nämlich, wo Schildpatt herkommt: „Ich habe zu Hause eine Schildkröte.“

Der Schlossdrache muss tief in seinen Erinnerungen kramen, um der Schar etwas Neues zu bieten. Dass Friedrich ein Kamel besaß, das seine kostbaren Schnupftabaksdosen trug. Dass abends die Betten im Palais nach Flöhen und Läusen abgesucht wurden. Dass sich die Adeligen lieber puderten und parfümierten als sich zu waschen. Und dass der Alte Fritz, weil er mit seinen gichtverkrümmten Händen die großen Folianten nicht mehr halten konnte, seine Lieblingsbücher in verkleinerter Form neu drucken ließ.

Damit hat Fauch am Ende des knapp einstündigen Fluges dann doch die Bewunderer auf seiner Seite. Die Kinder werden im Gedächtnis behalten und weitererzählen, was sie im Neuen Palais erlebten. Darauf kommt es der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten bei ihren fantasievollen Kinderführungen an. Der Schlossdrachen entspringt einer Idee von Kathrin Külow, der stellvertretenden Kastellanin im Neuen Palais. Um Geschichte kindgemäß zu vermitteln, steigt auch die Blumengöttin Flora vom Sockel, der Kammertürke Aly wartet auf, und die Tänzerin Barbarina gibt sich die Ehre. Als Prinzen oder Prinzessinnen verkleidet, können Kinder in den Schlössern Geburtstag feiern. Ein Suchspiel führt sie zu den Skulpturen in den Parks. In der Museumswerkstatt der Stiftung können sie auf höfische Art tanzen, historische Gefäße aus der Schlossküche nachmodellieren oder Rokokomusik hören.

Durch all diese Angebote möchte Petra Wesch frühzeitig „das Korn säen“, aus dem das Verständnis für die Schlösser und Gärten des Welterbes und ihre Erhaltung erwächst. „Kinder sind für uns keine Störenfriede, sondern willkommene Gäste“, sagt die für diese Altersgruppe zuständige Stiftungsmitarbeiterin. „Man muss nur auf sie eingehen, ihrem Drang entgegenkommen, Neues zu entdecken und sich selbst zu betätigen.“

Der Schlossdrache Johann Ludwig von Fauch fliegt wieder am 18. Mai, am 1., 15. und 29. Juni durchs Neue Palais. Anmeldungen unter Telefon 9694-202.

Erhart Hohenstein

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