Landeshauptstadt: Faustrecht auf dem Parkdeck des Stern-Centers?
Streit um einen Stellplatz eskalierte/1950 Euro Geldstrafe
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Streit um einen Stellplatz eskalierte/1950 Euro Geldstrafe Von Gabriele Hohenstein Modisch frisiert, gepflegt gekleidet und vor Selbstgefälligkeit strotzend thront Martin B.* (34) auf der Anklagebank. Der Unternehmer hat offensichtlich seine eigene Rechtsauffassung. Und in der spielt Faustrecht anscheinend eine nicht unerhebliche Rolle. Erst wenn der Kontrahent mit blutender Nase am Boden liegt, verlässt der kräftige Mann den Kampfplatz. So geschehen am Nachmittag des 25. Januar dieses Jahres auf dem Parkdeck des Stern-Centers. Laut Staatsanwaltschaft soll Martin B. während des Streits um eine Parklücke seinen Kontrahenten mit dem Auto angefahren, ihn dann mit Fäusten ins Gesicht geschlagen haben, so dass er wegen diverser Blessuren eine Woche krank geschrieben wurde. Martin B. kann die Welt nicht mehr verstehen. Er sei das eigentliche Opfer, betont er im Brustton der Überzeugung. Schließlich sei zuerst sein schönes, teures Auto, danach er angegriffen worden. Beim Gerangel mit dem Wüterich, gegen den er sich selbstverständlich nur verteidigte, sei ihm sogar der Daumen angebrochen worden. „Haben Sie ein entsprechendes Attest?“, fragt Amtsrichterin Janik. Nun muss der wegen vorsätzlicher Körperverletzung Angeklagte passen. Allerdings gibt es in den Gerichtsakten einen ausführlichen Beleg des Klinikums „Ernst von Bergmann“ über Prellungen, Blutergüsse sowie eine lädierte Nase des gegnerischen Kraftfahrers. „Es kann nicht sein, dass jemand eine Parklücke frei hält“, ereifert sich der Angeklagte. „Ich habe sie zuerst entdeckt und stand mit meinem Wagen schon fast drin.“ Dann sei ein Ehepaar mit einem gelben Twingo gekommen, dem er Handzeichen gegeben habe, die nächste Möglichkeit zu nutzen. Statt weiterzufahren, habe der Kleinwagen gestoppt. Ein Mann sei ausgestiegen und habe die Parklücke besetzt. Als er ihn aufforderte, den Platz zu räumen, habe der Herr zunächst auf sein Auto, dann auf ihn eingedroschen. „Ich riss die Hände hoch, um mich zu schützen. Wenn ich ihn dabei im Gesicht getroffen habe, war das nicht meine Absicht“, beteuert Martin B. Wolfgang K.* (44) freute sich, eine so schöne große Parklücke für seine Frau entdeckt zu haben. „Ich stieg aus, um sie einzuweisen“, erzählt er im Zeugenstand. Da sei ein dunkler Wagen rasant auf ihn zugeschossen, habe ihn am Bein erfasst. Im selben Moment sei der Fahrer herausgestürmt, habe ihn beschimpft und wie wild mit den Fäusten gegen seinen Kopf geprügelt. „Ich gebe zu, reflexartig auf das Auto eingeschlagen zu haben“, räumt Wolfgang K. ein. An Martin B. habe er sich allerdings nicht vergriffen, was andere Zeugen bestätigen. „Es ist beängstigend, im Straßenverkehr auf Leute wie den Angeklagten zu treffen“, resümiert die Staatsanwältin und fordert eine geharnischte Geldstrafe. Die Vorsitzende sieht das ebenso. Das Urteil: 65 Tagessätze zu je 30 Euro. (*Namen geändert.)
Gabriele Hohenstein
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