Aus dem GERICHTSSAAL: Faustschlag im Schlaf?
Vorbestrafter Alkoholiker bestreitet versuchte räuberische Erpressung
Stand:
Für Ralf R.* (43) steht einiges auf dem Spiel. Der unter zweifacher Bewährung stehende Trinker sitzt wegen versuchter räuberischer Erpressung auf der Anklagebank. Spricht ihn das Schöffengericht schuldig, dürfte sein Tagesablauf für einige Zeit geregelt sein. Ein zur Verhandlung geladener psychiatrischer Gutachter kam am gestrigen ersten Prozesstag zu dem Schluss, Ralf R. sei ohne länger andauernde Behandlung in einer Alkohol-Entziehungsanstalt eine Art tickende Zeitbombe. Der Obdachlose sei nicht in der Lage, Frustrationen und Kränkungen auszuhalten. In Konfliktsituationen greife er zur Flasche, reagiere im betrunkenen Zustand unkontrolliert und aggressiv und stelle dann eine Gefahr für seine Mitmenschen dar.
In der Nacht vom 28. zum 29. Mai dieses Jahres soll der Angeklagte seine ebenfalls alkoholabhängige Lebensgefährtin Maria M.* geschlagen und an den Haaren gezogen haben, weil sie sich weigerte, ihm Geld zu geben. Als sich die Frau im Badezimmer verschanzte, habe Ralf R. die Tür mit einem Schraubenzieher geöffnet, die Verängstigte herausgezerrt und weiter malträtiert. Ralf R. – er sitzt seit dem Vorfall in Untersuchungshaft – bestritt die Vorwürfe. „Die hat doch kein Geld. Wieso sollte ich welches von ihr fordern?“, parierte er. Die in der Gerichtsakte dokumentierten Gesichtsverletzungen von Maria M. erklärte er mit einem versehentlichen Faustschlag, den er ihr im Schlaf versetzt habe.
„Ralf hat an dem Abend einen Anruf auf seinem Handy erhalten. Der Anrufer sagte, er soll binnen 24 Stunden seine Schulden bezahlen, sonst ist er ein toter Mann“, berichtete Maria M. (48) im Zeugenstand. Daraufhin sei Ralf R. „ausgerastet“, habe sie mehrfach ins Gesicht geschlagen und Geld verlangt. „Eine konkrete Summe hat er nicht genannt“, erinnerte sich das vermeintliche Opfer. Eine Nachbarin erzählte, sie habe in besagter Nacht Gepolter aus der Wohnung von Maria M. gehört. „Die sind immer besoffen und machen Krach. Aber diesmal war es lauter als sonst.“ Ein weiterer Nachbar beteuerte, Maria M. würde lügen, Blumen stehlen und Gerüchte in die Welt setzen. Die Mitarbeiterin eines Getränkehandels – sie klingelte am Morgen des 29. Mai an der Tür, um eine Kiste Sprudel abzuliefern – versicherte jedoch: „Frau M. sah schlimm aus, als sie öffnete. Ihr Gesicht war geschwollen, ein Auge blaugeschlagen. Sie zitterte und flüsterte ganz leise: Kann ich mitfahren?“ Beide seien schnell zum Lieferwagen gelaufen. Der nur mit einem Slip bekleidete Angeklagte sei ihnen gefolgt, habe versucht, Maria M. aus dem Wagen zu ziehen. „Es gelang ihr aber dann, die Tür von innen zu verriegeln.“ Als Maria M. eine Woche zuvor in ihrem Laden auftauchte, sei ihr Gesicht auch lädiert gewesen, so die Zeugin. Die Verhandlung wird am 9. Oktober fortgesetzt. (*Namen geändert.) Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: