Aus dem GERICHTSSAAL: Fehldiagnose mit tödlichen Folgen Berufung: Empfindliche Strafe für Bereitschaftsarzt
Wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen war Steffen P. (51) vom Amtsgericht am 12.
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Wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen war Steffen P. (51) vom Amtsgericht am 12. März 2007 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt worden. Der seiner Ansicht nach zu Unrecht sanktionierte Arzt ging dagegen in Berufung. Doch auch die Staatsanwaltschaft legte Rechtsmittel ein. Sie forderte härtere Bandagen. Wie schon in erster Instanz zeigte sich der Mediziner gestern bei der Berufungsverhandlung vor der Landgerichtskammer wenig einsichtig. Ein Wort der Reue oder gar Entschuldigung an die Hinterbliebenen der durch sein Fehlverhalten verstorbenen Sportlehrerin kam ihm nicht über die Lippen. Der Staatsanwalt beantragte eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Die Verteidigung wollte Freispruch. Die zweite Instanz erkannte schließlich auf drei Monate Freiheitsstrafe, räumte Steffen P. eine zweijährige Bewährungschance ein. Außerdem hat er – sollte das Urteil rechtskräftig werden – 5000 Euro an die beiden Söhne der Getöteten zu zahlen. Damit ist das Strafmaß gegen den Arzt höher als in der ersten Instanz.
Als Bereitschaftsarzt des Kassenärztlichen Notdienstes war Steffen P. in der Nacht zum 29. Dezember 2004 in eine Wohnung in Drewitz gerufen worden. Deren Mieterin Astrid B. (44) klagte über Übelkeit, starke Schmerzen im linken Arm sowie im Rücken. Thomas E., der Lebensgefährte der Frau, hatte zuvor die Notrufnummer 112 gewählt, dort allerdings den Hinweis erhalten, er möge sich an Steffen P. wenden. Am Telefon schilderte der Mann dem Arzt die Beschwerden seiner Partnerin. Dabei kam es – wie offenbar schon beim Feuerwehrnotruf – zu einer folgenschweren Kommunikationspanne. Thomas E. ging von einem Sturz seiner Gefährtin aus, da er sie im Flur liegend vorfand. Tatsächlich sackte die Frau vor Schmerz und Schwäche zusammen, wie ihr damals gerade 18-jähriger Sohn René während der Berufungsverhandlung erzählte.
Bereitschaftsarzt Steffen P. hatte anfangs ein „komisches Gefühl“, führte die Beschwerden von Astrid B. nach eingehender Untersuchung allerdings auf den vermeintlichen Sturz zurück, den er nicht hinterfragte. Er stabilisierte den Kreislauf der Patientin, verabreichte ihr ein Medikament gegen Übelkeit und versprach, sich am nächsten Morgen wieder zu melden. Den erlebte Astrid B. jedoch nicht mehr. Laut Gutachten erlitt die bis dahin gesunde Frau einen Herzinfarkt, an dessen Folge sie verstarb. Die von Astrid B. geschilderten Krankheitszeichen seien durchaus eindeutig gewesen, so der Rechtsmediziner. Der Angeklagte hätte den Ernst der Situation erkennen und die Frau ins Krankenhaus einweisen lassen müssen. Nach etwa 15 Minuten wäre sie dort intensivmedizinisch betreut worden. Ihr Leben wäre „mit großer Sicherheit“ verlängert, wenn nicht gar gerettet worden. „Vor Ort war sicher keine knallharte Diagnosestellung möglich. Aber alle Symptome deuteten auf eine Koronarerkrankung hin“, führte der kardiologische Gutachter aus. Der Angeklagte hätte deshalb von einer lebensbedrohlichen Situation ausgehen müssen. Bei entsprechender Behandlung wäre eine komplette Ausprägung des Infarkts zu verhindern gewesen. „Das Verhalten des Angeklagten war pflichtwidrig“, brachte es der Kammervorsitzende auf den Punkt, wollte allerdings ein Augenblicksversagen des Mediziners nicht ausschließen. Hoga
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