zum Hauptinhalt

Von Peer Straube: Feinschliff am Flaggschiff

Beim künftig größten Dampfer der Weissen Flotte, der „Sanssouci“, hat der Innenausbau begonnen

Von Peer Straube

Stand:

Neuderben/Potsdam - Nichts weniger als ein schwimmendes Schloss soll es werden. Und wenn es schon das Flaggschiff wird, dann muss es natürlich Sanssouci heißen. „Den Namen haben wir uns lange aufgehoben“, sagt Jan Lehmann. Nicht ganz vor Jahresfrist wurde das mit 72 Metern und 600 Plätzen größte und modernste Schiff der Flotte in der Bolle-Werft im sachsen-anhaltinischen Neuderben auf Kiel gelegt – jetzt ist Feinschliff angesagt.

Im vereisten Wasser des Pareyer Verbindungskanals leuchtet der Rumpf der „Sanssouci“ in hellem Gelb. „Die Farbe haben wir so exakt wie möglich mit der des Schlosses abgeglichen“, erzählt Lehmann. Entworfen hat das Schiff Lehmanns Kompagnon Jörg Winkler, unterstützt von den beiden Juniorchefs der Bolle-Werft, Marcel Bolle und Gordon Ringwelski. Die hohen Bogenfenster, am Heck flankiert von ovalen Scheiben lassen tatsächlich die Reminiszenz an das Knobelsdorffsche Vorbild erkennen. Ein Übriges tut die noch aus Zellophanplanen bestehende Kuppel, die den Empfangsbereich, der später auch als Tanzsaal dienen soll, überwölbt. Das flache Halbrund soll später ebenfalls in jenem Grün strahlen, das der Zahn der Zeit ins kupferne Schlossdach genagt hat.

Im Innern dominiert derzeit das Gekreisch von Schleifmaschinen und das Zischen von Schweißgeräten. Rund 30 Werftmitarbeiter – rund die Hälfte der Belegschaft – ist mit dem Innenausbau beschäftigt. Die Konturen sind schon zu erkennen, die Küche nimmt Gestalt an. Es gibt eine behindertengerechte Toilette und einen Lift, mit dem Rollstuhlfahrer auch das Sonnendeck erreichen können. Wohl deutschlandweit einmalig ist laut Lehmann die im Heck des Oberdecks angebrachte, kreisrunde DJ-Kanzel, von der in lauen Sommernächten das tanzwütige Publikum beschallt werden kann. Im Unterdeck ist dann alles soweit wie möglich aufs barocke Schlossvorbild zugeschnitten. Der Kunststofffußboden empfindet das besondere Parkettmuster Sanssoucis nach, die Verstrebungen zwischen den Bogenfenstern sind als Säulen gestaltet. Die Stühle sollen mit rotem Samt bezogen werden und so das Flair des Sanssouci-Bauherren, Friedrich II., verbreiten.

Die Dimensionen des Dampfers erschließen sich aber am besten jetzt, wo die Inneneinrichtung noch fehlt. Mit 72 Metern übertrifft die „Sanssouci“ das bislang größte Schiff der Weissen Flotte, die „Cecilienhof“, um fast 20 Meter. Doch die hat inzwischen 45 Jahre auf dem Buckel und entspricht nicht mehr den Anforderungen an moderne Fahrgastschifffahrt. Nicht zuletzt spielte auch der ökologische Aspekt eine Rolle. „Die ,Cecilienhof’ hat einen Strudel im Tank“, beschreibt Lehmann die ausufernden Kosten. Rund zwei Drittel weniger Sprit sollen die beiden 350-PS-Dieselmotoren der „Sanssouci“ verbrauchen. Die „Cecilienhof“ wollen Lehmann und Kompagnon Jörg Winkler verkaufen, schon um die gut vier Millionen Euro teure „Sanssouci“ etwas zu refinanzieren.

Für die fast 160 Jahre alte Bolle-Werft ist die „Sanssouci“ eine Herausforderung. Niemals zuvor hat Firmenchef Lothar Bolle ein Schiff in diesen Dimensionen gebaut. Eine neue Halle wurde errichtet. Um den 280 Tonnen schweren Rumpf von dort ins Wasser transportieren zu können, habe man extra eine Schwerlaststraße aus dickem Beton angelegt. Zwar sei jedes Schiff ein Unikat, sagt Bolle, doch auf dieses ist er besonders stolz. „Das werden wir schon in unsere Werbung einbinden“, sagt er schmunzelnd. Am 31. März soll das Schiff fertig sein, danach sind gut zehn Tage Zeit, um es zu erproben und ihm die Kinderkrankheiten auszutreiben. Am 17. April soll die „Sanssouci“ beim Wasserfest im Hafen der Weissen Flotte feierlich getauft werden – von der Schauspielerin Anja Kling. Seinen Dienst wird es dann vor allem auf der großen Inselrundfahrt tun. „Und bestimmt“, sagt Lehmann, „ wird auch der Alte Fritz mal auf dem Oberdeck spazieren gehen und Geschichten erzählen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })