
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Fest mit Licht und Schatten
Tausende feierten am Montag die Öffnung der Glienicker Brücke vor 25 Jahren. Doch es gab auch Kritik
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Berliner Vorstadt - Am 10. November 1989 wurde eines der wichtigsten Symbole der deutschen Teilung zum Symbol für die wiedergewonnene Freiheit: Tausende Besucher haben am Montagabend die Öffnung der Glienicker Brücke zwischen Potsdam und Berlin vor 25 Jahren bei einem Bürgerfest gefeiert.
Unter dem Motto „Gedenken, erinnern, strahlen“ hatte die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54 ein Programm zusammengestellt, das die Erinnerung an den aus Potsdamer Sicht unzweifelhaft emotionalsten Moment des Wendeherbstes wiederaufleben lassen sollte. Die Besucher des Festes mussten sich allerdings entscheiden, ob sie die Lichtinstallation beobachten wollten, bei der die Brücke – als Symbol für die wechselhafte Geschichte des Bauwerks – in verschiedenen Farben und Helligkeitsstufen angestrahlt wurde, oder ob sie den Diskussionsrunden auf der Bühne unterhalb der Brücke an der Schwanenallee folgen wollten. Wer Letzteres tat, konnte von den Lichteffekten an der Brücke nur recht wenig sehen, und wer auf der anderen, Babelsberg zugewandten Seite der Brücke stand, bekam vom Geschehen auf der Bühne nicht viel mit.
Dabei war das Programm durchaus ambitioniert. In kurzen Diskussionsrunden berichteten Zeitzeugen von ihren Erlebnissen während der deutschen Teilung und rund um den Mauerfall. Am emotionalsten wurde es immer dann, wenn ganz normale Bürger ihre Geschichten erzählten. So wie Burkhard Rülicke. Am 10. November 1989 traf er sich mit Freunden auf der Glienicker Brücke, um Westberlin zu besuchen und den Fall der Mauer zu feiern. Seitdem trifft sich die Runde ununterbrochen Jahr für Jahr an diesem Tag an der Brücke. „Für uns ist dieser Tag ein Symbol für ein neues Leben, das für uns begonnen hat“, sagte er unter dem Applaus der Anwesenden. Petra und Steffen Rüsike können sich bei Mauerfall-Jubiläen sogar im Fernsehen sehen. Sie wurden am 10. November gefilmt, als sie in ihrem Trabant über die Brücke tuckerten. Als sie wieder zu Hause waren, erzählt Steffen Rüsike, hätten sie sogar 20 D- Mark im Auto gefunden, die ihr ein Westberliner unbemerkt durchs Fenster geworfen hatte. An die „Freundlichkeit und Herzlichkeit der Berliner“ erinnere er sich auch heute noch besonders. Ein kurzer Film mit Aufnahmen von der Öffnung der Brücke gehörte zu den bewegendsten Dokumenten des Bürgerfestes.
Doch es gab auch kritische Stimmen. Detlef Kaminski, einer der Protagonisten des Potsdamer Wendeherbstes, erklärte freimütig, er habe die Öffnung der Grenze „mit Wut und Frust“ erlebt: Ihm sei klar gewesen, dass viele Angehörige des SED-Regimes ihre Privilegien ins rechtsstaatliche System der Bundesrepublik hinüberretten würden. Schließlich hätten sich damals viele DDR-Bürger mehr „für Bananen und Westeinkäufe“ interessiert als für die Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte, auch an einem Freudentag wie dem 10. November dürfe man die zahlreichen Todesopfer nicht vergessen, die die Mauer gekostet habe.
Von den Besuchern, die das Geschehen in der Nähe der Bühne verfolgt hatten, gab es Lob: „Das Programm war sehr schön“, sagte etwa der Potsdamer Frank Noack. Vor allem die Beiträge der vielen Zeitzeugen hätten ihm gefallen. Kritik kam vor allem von Festgästen, die auf der anderen Seite der Brücke gestanden hatten. Sie sei „sehr enttäuscht“, dass dort nicht einmal Lautsprecher aufgestellt worden seien, sagte die Potsdamerin Gerlinde Schüchner. Man habe so gut wie nichts verstanden. Zwischenzeitlich hatte es sogar Sprechchöre gegeben, mit denen die Redner aufgefordert wurden, lauter ins Mikrofon zu sprechen.
Kritik an anderer Stelle zog auch die Schlösserstiftung auf sich: Ausgerechnet am 9. November, dem Tag des Mauerfalls, war der Weg entlang der früheren Grenzanlagen an der Schwanenbrücke dicht. Potsdamer fanden sich am Sonntagabend aus dem Neuen Garten ausgeperrt. Die Stiftung rechtfertigte die Schließung mit ihrer Pflicht zur Verkehrssicherung. Weil die Wege im Neuen Garten nicht beleuchtet seien, werde der Zugang im Winter nach Einbruch der Dunkelheit geschlossen, so ein Sprecher. Das sei in der Parkordnung auch so geregelt. Die Stiftung habe damit auf einen Fahrradunfall vor zwei Jahren reagiert. Am Montag war der Weg hingegen offen. Wegen des Festes an der Glienicker Brücke habe man sich dazu entschlossen, hieß es.
Die Feiern zum Mauerfall-Jubiläum am Sonntag in Berlin hatten Potsdam – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – zudem noch eine Stippvisite des Altkanzlers Helmut Kohl (CDU) beschert. Wie die „Bild“-Zeitung berichtete, besuchte Kohl in Begleitung des Hohenzollernchefs Georg Friedrich von Preußen das Grab von Friedrich II. in Sanssouci. Kohl hatte 1991 auch der Überführung der Gebeine des Königs nach Potsdam beigewohnt. (mit mar)
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