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Links und rechts der Langen Brücke: Festhalten

Michael Erbach macht der Stadtverwaltung Mut, die Pläne für das Niemeyer-Spaßbad nicht aufzugeben

Stand:

Das Potsdamer Spaßbad nach den Plänen des brasilianischen Stararchitekten Oskar Niemeyer steht auf der Kippe. Das Wirtschaftsministerium hat es bislang abgelehnt, die gewünschte 80-prozentige Förderung zu bewilligen – und die letzten Signale aus dem Haus von Ulrich Junghanns sind nicht ermutigend. Der Minister, der in dieser Woche dem defizitären Tropical Island in der Pleite-Halle von Cargo-Lifter 15 Millionen Euro Fördermittel bewilligte – so auch für einen Wellnessbereich – scheint in Potsdam ein Exempel statuieren zu wollen. Dabei folgt er maßgeblich der Stimmung im Land : Der Landeshauptstadt wird vorgeworfen, die leere Landeskasse für Luxusprojekte zu plündern. Theaterneubau mit Muschelarchitektur, ein Landtag in der Hülle des alten Stadtschlosses – und nun auch noch ein Kuppel-Bad von Niemeyer, wo es doch schon so viele konkurrierende Bäder im Lande gibt. Doch Oberbürgermeister Jann Jakobs und die Freizeitbad-Befürworter sollten sich von der Stimmungslage nicht verrückt machen lassen. Alle drei Projekte werden gebraucht – um mit einem würdigen Parlamentsgebäude die verlorene Stadtmitte wiederzugewinnen, eine hässliche Theater-Blechbüchse abzulösen und die unhaltbare Situation im Bereich des städtischen Freizeitbadens zu beenden. Und hat es eine Landeshauptstadt wie Potsdam nicht verdient, dass das, was neu entstehen soll, auch Maßstäbe setzt? Potsdam ist auch nicht größenwahnsinnig, sondern mitten in einer Aufholjagd. Denn bis 1998 ist die Landeshauptstadt Brandenburgs sträflich vernachlässigt worden, während anderswo – zum Beispiel in Dresden – Milliarden flossen. Dass jetzt vieles auf einmal passiert, hat also seine Ursachen. Zudem zeigt sich die Stadt flexibel. So ist die wichtigste Forderung der Spaßbadkritiker, die nach einer erheblichen Reduzierung der Kosten, erfüllt. Statt der anfangs 48 Millionen Euro soll das Bad jetzt nur noch 29,6 Millionen Euro kosten. Was natürlich auch dazu führen dürfte, dass die Betriebskosten sinken werden – was einen weiteren Kritikpunkt entkräftet. Bleibt die Forderung nach Alternativen. Welche? Potsdam hat sich bewusst dafür entschieden, bei dem Badprojekt einem architektonisch-künstlerischen Entwurf zu folgen, was eine Ausschreibung unnötig machte. Die einzige Alternative zu Niemeyer hieße, diese Ausschreibung jetzt durchzuführen. Eine aufwändige und teure Angelegenheit. Und ohne wirkliche Chance auf den großen Wurf. Weshalb also sollte sich die Stadt darauf einlassen? Am Brauhausberg kann etwas Einzigartiges entstehen. Ein Freizeitbad, das sich würdig einreiht in die Potsdamer Architekturlandschaft, von dem die Stadt und das Land profitieren werden. Darum muss an dieser Chance festgehalten werden.

Michael Erbach

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