Von Erhart Hohenstein: Feuerwehr mit Pickelhaube
Tradition der Freiwilligen Wehr in Eiche reicht 100 Jahre zurück / Morgen wird das Jubiläum gefeiert
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Auf dem vergilbten, wohl aus den 1920er Jahren stammenden Foto tragen die Feuerwehrleute aus Eiche den „Helm mit Spitze“, volkstümlich Pickelhaube genannt. Der 1843 in der preußischen Armee eingeführte, als Symbol des Militarismus angesehene Helm wurde bei Polizei und Feuerwehr nämlich auch nach dem Ende des Kaiserreichs noch verwendet.
Die besondere Aufnahme hat Mario Küster, der heutige Wehrleiter, vor dem 100-jährigen Bestehen der Feuerwehr in Eiche herausgesucht, dazu Informationen aus der Gründungszeit. Bestand zuvor nur eine von Amtsvorsteher Wagenitz in Notfällen zusammengerufene Bürgerwehr, so wurde 1910 unter Leitung des Gastwirts Ernst Kersten eine Feuerwehr gegründet. Nachtwächter Schulz rief die Kameraden mit Horn und Glocke zusammen; heute trägt jeder einen Pieper mit sich, der ihn über Funk alarmiert. Die Wehr ist mit modernen Fahrzeugen ausgerüstet, damals leisteten Bauern mit ihren Pferden Vorspanndienste, um die Handspritze zum Brandort zu bringen. Im Laufe der Jahrzehnte kamen ein neues Gerätehaus, ein Schlauchtrockenturm, ein Versammlungsraum hinzu. Einer der unverwüstlichen „LO“s, ein LF 8/6 Löschfahrzeug sowie ein T 4-Mannschaftswagen wurden angeschafft. Der Zweite Weltkrieg riss große Lücken in die Reihen, so dass die Wehr 1948 durch den Kaufmann Wilhelm Thewes neu aufgebaut werden musste. Einer der ersten Bauern, die der Wehr einst mit Pferden Vorspanndienste im Brandfall leisteten, war der Urgroßvater des jetzigen Leiters.
30 Erwachsene und die zehnköpfige Jugendwehr, das sei schon recht ansehnlich, meint Wehrleiter Mario Küster. Doch angesichts des explosionsartigen Bevölkerungswachstums im Ortsteil von 900 auf mehr als 4000 Personen könnten es durchaus ein paar mehr Mitglieder sein. Eine Feuerwehr beschäftige sich im Gegensatz zu anderen Vereinen ja nicht mit sich selbst, sondern rette Leben und Gut der Mitbürger. Dabei beschränkt sie sich nicht auf den Ortsteil, war in letzter Zeit auch beim Großbrand in der Speicherstadt, beim Chemieunfall in einem Golmer Max-Plack-Institut oder beim Brand des Rehbrücker Sero-Lagers im Einsatz.
Kuriose Aufgaben werden ihr zuweilen ebenfalls gestellt. So hatte sich ein junger Schwan auf den kleinen Teich in der Siedlung Altes Rad verirrt. Dort fand er nicht ausreichend Anlauf, um wieder zu starten, und flog mehrfach vor den Zaun. „Wir mussten ihn mit Netz und Plane einfangen, ehe wir ihn zum Zernsee bringen und dort aussetzen konnten“, berichtet Mario Küster. Oft hielten Leute die Hilfeleistungen für selbstverständlich, da sie die Freiwillige mit der Berufsfeuerwehr verwechseln. „Sie sehen nicht, dass wir dies alles ehrenamtlich neben unserem Beruf leisten“, sagt Küster, der beruflich eine Gerüstbaufirma führt.
Ein Ärgernis drückt den Wehrleiter. Bis auf das Jahr 2006, da hat Eiche gewonnen, endet der Kampf um den Potsdamer Feuerwehrpokal meist mit dem Ehrenplatz hinter Bornstedt. Im letzten Jahr hatte seine Truppe beim Legen der Schlauchverbindung zwischen Wasserquelle und Brandherd winzige 0,7 Sekunden Rückstand. Bei der Jugendfeuerwehr, der auch Mario Küsters 13-jähriger Sohn Paul angehört, hat Eiche dagegen meist die Nase vor. Und das stimmt für die Zukunft optimistisch. Die Jugendfeuerwehr wird auch beim „Eichenfest“ zum Jubiläum eine wichtige Rolle spielen. So führt sie eine Fettexplosion und deren Bekämpfung vor.
Das 100-jährige Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr wird beim „Eichenfest“ am morgigen Samstag , dem 29. Mai, auf dem Feuerwehrgelände am Baumschulenweg, von 10 bis 17 Uhr, gefeiert. Beim Volksfest werden neben Feuerwehrvorführungen und Kinderaktionen auch Hubschrauberflüge über Eiche angeboten. Um 19 Uhr beginnt in der Schulturnhalle dann der für alle Ortsteilbewohner offene Jubiläumsball. Für die Flüge und den Ball ist eine vorherige Anmeldung unter Tel. (0331) 567070 erforderlich.
Erhart Hohenstein
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