Potsdam: Filzaffäre: Sonderausschuss gefordert
Bürgerbündnis stellt Antrag auf eigenständiges Gremium zur Untersuchung der Vorgänge / Hauptausschuss sei nicht geeignet
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Die Stadtwerke-Affäre um Ex-Geschäftsführer Peter Paffhausen und mögliche Verstrickungen der Politik in das bislang undurchsichtige System des städtischen Sponsorings sollen Gegenstand eines Untersuchungsausschusses der Stadtverordnetenversammlung werden. Einen entsprechenden Antrag hat die aus drei Stadtverordneten bestehende Fraktion Bürgerbündnis gestern Abend für die Stadtverordnetenversammlung im August gestellt.
Danach soll Oberbürgermeister Jann Jakobs beauftragt werden, den Untersuchungsausschuss „zur Aufklärung der EWP/Stadtwerke Vorgänge als Sonderausschuss“ zu gründen. Der Ausschuss soll mit je einem Mitglied der Fraktionen und einem Mitarbeiter aus dem Rechnungsprüfungsamt besetzt werden. Dem Untersuchungsausschuss sollen alle verfügbaren Gutachten vorgelegt werden, außerdem soll dem Ausschuss „Einblick in die Geschäftsführerverträge und Aufsichtsratsvergütungen gewährt werden“.
Auslöser für den Antrag auf Einsetzung der Untersuchungskommission ist nach Aussage der beiden Bürgerbündnis-Stadtverordneten Wolfhard Kirsch und Ute Bankwitz der bisherige Umgang mit der Filzaffäre. Dazu heißt es in der Begründung für den Antrag: „Die Sponsoren-, Bürgschafts-, Darlehns- und Vorteilsnahmevorgänge der Stadtwerke und EWP werden von den Stadtverordneten gegenwärtig nicht aktiv aufgeklärt, deshalb ist ein Untersuchungsausschuss erforderlich.“ So solle der Ausschuss insbesondere „klären, mit wessen Kenntnis bzw. Billigung die nicht nachvollziehbaren Geschäftsgebahren bei der EWP zustande kamen“.
„Die Stadtverordneten werden ausgeblendet, nicht wirklich involviert in die Aufklärung“, sagte Kirsch mit Blick auf die Überweisung zahlreicher Anträge zur Affäre in den Hauptausschuss, der erst im September wieder tagt. „Wir wollen nicht, dass Gras über die Angelegenheit wächst“, erklärte Bankwitz. Der Hauptausschuss mit seinen vielfältigen Aufgaben sei nicht das Gremium, das eine zügige Aufklärung betreiben könne. Verfehlungen beim Sponsoring gehörten „aufgeklärt – Anhaltspunkte dafür gibt es genug“. Bankwitz: „Wir wollen wissen, was gewesen ist und eine politische Wertung der Vorkommnisse erreichen. Wir wollen Vergangenheitsbewältigung – das ist es etwas anderes, als die Zielsetzung der auf Zukunft ausgerichteten Transparenzkommission.“
Paffhausen war nach einer Spitzelaffäre zurückgetreten; bei der Untersuchung der Sponsoring-Aktivitäten der Stadtwerke waren zahlreiche Ungereimtheiten – unter anderem verdeckte Bürgschaften für den Fußballverein Babelsberg 03 – entdeckt worden, die das gesamte System des Sponsorings in der Stadt infrage stellen. Gegen Paffhausen wird wegen Untreue ermittelt. Zudem soll geprüft werden, ob es Abhängigkeiten zwischen der Tätigkeit in Aufsichtsräten städtischer Unternehmen und dem Engagement in Sportvereinen gibt. Kirsch: „Uns geht es nicht nur um Paffhausen.“
Die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Freyschmidt, Frings, Pananis, Venn und Bärlein ist im Auftrag von Jakobs ebenfalls mit der Untersuchung der Vorgänge um die Stadtwerke beauftragt.
Die im Juni eingesetzte städtische Transparenzkommission unter Leitung der Berliner Rechtsanwältin Elke Schaefer traf unterdessen gestern Abend erneut zusammen. Dabei sollte es nach Aussage von Teilnehmern um die Geschäftsordnung, um die Aufnahme von Experten und erste Diskussionen über künftige sogenannte Wohlverhaltensregeln für städtische Unternehmen gehen.
Michael Erbach
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