Homepage: Fischen auf Goldinseln
Die frisch prämierte Firma Gilupi in Golm arbeitet an Früherkennung für Schwangere und Krebspatienten
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Seit März gibt es in Golm einen Brutkasten für junge Wissenschaftsunternehmen, das Golm Innovationszentrum (GO:IN). Mittlerweile ist es mit 13 Firmen schon über 30 Prozent ausgelastet. Das Zentrum liegt unweit der Universität Potsdam sowie der Max-Planck- und Fraunhofer-Institute. Die PNN stellen die Firmen vor, die dort ihre forschungsnahe Arbeit aufgenommen haben. Heute: Gilupi.
Ein kleiner Metalldraht, wie er in der Medizin etwa zum Einführen von Kathetern genutzt wird. Das ist im Grunde alles, was die Gilupi GmbH aus Golm zu bieten hat. Der Draht ist allerdings nur auf den ersten Blick unbedeutend. Denn die Forscher des Unternehmens sind auf dem besten Weg, sowohl Schwangere als auch Krebspatienten spürbar zu entlasten. Der Draht ist eben nicht einfach nur ein Draht, sondern wird mit winzigen Nano-Inseln aus Gold bedampft. Auf denen werden wiederum Anti-Körper angebracht. Und mit denen können Mediziner dann im Blut eines Patienten fischen gehen.
Die winzige Angel kann für gleich zwei medizinische Probleme eingesetzt werden, wie Geschäftsführer Klaus Lücke erklärt. Ein Feld ist die Pränataldiagnostik. In der Schwangerschaft werden die Babys im Mutterleib auf Chromosom-Defekte untersucht, um beispielsweise zu klären, ob ein Down-Syndrom vorliegt. Dazu ist bisher eine Ultraschall- und Fruchtwasseruntersuchung nötig, die für das Kind stressig und gefährlich ist, und zudem erst ab der zwölften Schwangerschaftswoche möglich ist. Mit dem neuen Nanosensor von Gilupi würde die Untersuchung wesentlich einfacher und früher möglich sein. „Das Kind gibt Zellen an die Mutter ab“, erklärt Lücke. „Die schwimmen dann im Blut der Mutter herum, wo wir sie wie bei einer Blutuntersuchung herausfischen können.“
Allerdings sind die Kindeszellen sehr selten. „Wir können nicht so viel Blut abnehmen“, erklärt der Geschäftsführer. Deshalb kommt der Nanosensor zum Einsatz, der in der Blutbahn genau diese Zellen gezielt herausfischt. „Anschließend geben wir die Zellen ganz normal zur Diagnostik, wie sie bisher auch schon durchgeführt wird.“ Vorteil der Gilupi-Methode: Sie ist schon in der siebten Schwangerschaftswoche anwendbar.
Doch nicht nur werdende Mütter sollen profitieren. Auch in der Krebsdiagnostik kann das Verfahren angewendet werden. Dabei kommen Anti-Körper zum Einsatz, die gezielt Krebszellen aus dem Blut fischen. Ein möglicher Einsatz wäre nach einer Tumoroperation. „Oft macht man danach noch eine Chemotherapie, um sicher zu sein, dass auch wirklich alles erwischt wird“, erklärt Lücke. Mit dem Gilupi-Nanosensor ließe sich nach der OP ganz leicht feststellen, ob wirklich der komplette Tumor erwischt wurde. Eine Chemotherapie würde gegebenenfalls überflüssig. „Etwa 30 Prozent der Patienten reagieren auch gar nicht auf eine Chemotherapie“, führt Lücke weiter aus. Schlägt die Therapie nicht an, schwimmen weiter Krebszellen im Blut, was mit dem Gilupi-Sensor leicht zu erkennen wäre. „Dann kann man mit der unnötigen Quälerei frühzeitig aufhören“, so Lücke.
Das alles klingt viel versprechend und wurde gerade vom Bundesforschungsministerium mit einem 1,5 Millionen Euro schweren Preis im „Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik“ ausgezeichnet. Marktreif ist es allerdings noch nicht.
Von den drei Zielen, die sich Lücke bei der Firmengründung vor rund zwei Jahren gesetzt hat, sind zwei erreicht: „Punkt eins war die klinische Studie. Punkt zwei ist eine gesicherte Finanzierung. Punkt drei, mit Industriepartnern ins Gespräch zu kommen“, so der ehemalige Siemens-Manager Lücke. Die klinische Studie läuft gerade in einem Klinikzentrum im polnischen Poznan an. „Dort hat der wissenschaftliche Kopf unseres Unternehmens, Michael Giersig, gute Kontakte, weil er aus Polen stammt“, so Lücke. In etwa einem Jahr soll die Studie, die Voraussetzung für eine Zulassung auf dem deutschen Medizinsektor ist, abgeschlossen sein. Dann könne man über die Vermarktung nachdenken. Ziel sind zunächst große klinische Zentren. „Theoretisch kann das aber auch jede Arzthelferin machen“, sagt Lücke. Für eine Vermarktung in der breiten Fläche sei allerdings ein ausgewachsenes Vertriebsmanagement nötig. Damit kann das Elf-Mann-Unternehmen bisher nicht dienen.
Vorerst steht ohnehin die Entwicklung im Vordergrund. Initiator Giersig arbeitet mittlerweile in Bonn, wo er sich um das Aufdampfen der Nano-Goldinseln auf die Drähte kümmert.
Warum eigentlich Nano-Technologie? „Unsere Antikörper siedeln sich auf dem Gold an. Wenn die Fläche zu groß ist, richten sie sich allerdings kreuz und quer an. Erst bei einer sehr kleinen Größe, 50 bis 100 Nanometer, sortieren sie sich in einer Richtung. Diesen Effekt nutzen wir“, erklärt der Physiker Lücke, der sich mit neun wissenschaftlichen Mitarbeiter in Golm um das Aufbringen der Anti-Körper kümmert.
Und wie kam das Unternehmen nach Golm? „Das war Zufall“, so Lücke. Der Standort Ostdeutschland wurde aufgrund der günstigen Fördermöglichkeiten gewählt. Der Tipp mit dem GO:IN kam von der ZukunftsAgentur Brandenburg (ZAB). „Die Anbindung und auch das wissenschaftliche Umfeld sind hier ideal“, sagt Lücke. Enge Kontakte gibt es zum Fraunhofer-Institut und zu den Max-Planck-Einrichtungen vor Ort, aber auch zur TU München und zum dortigen Klinikum Rechts der Isar. Schließlich hat Lücke zuvor in der bayrischen Hauptstadt gearbeitet.
Die Firma im Internet:
www.gilupi.de
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