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Landeshauptstadt: Fiskus mit Appetit

Umsatzsteuerforderung verunsichert Lebensmittelspender wie Bäcker Fahland / Potsdamer Tafel gelassen

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Steuern auf Spenden für bedürftige Menschen – Frank Fahland kann es kaum glauben. „Wenn ich so etwas höre, macht mich das traurig“, sagt der Bäckermeister, der neun Filialen in Potsdam und Umgebung betreibt. „Das sollte ein Finanzamt nicht nötig haben.“ Was ihn stört, ist eine Nachricht aus Sachsen: Finanzämter fordern von Bäckereien die Umsatzsteuer für Lebensmittel nach, die an Bedürftige verschenkt wurden. Für den betroffenen Bäcker aus Sachsen ging es um mehrere Tausend Euro. Die Spenden gehen vor allem an die Tafeln, die vielerorts die Verteilung organisieren und die Spenden von Bäckern, Gemüsehändlern und Supermärkten erhalten.

Auch die Potsdamer Tafel kennt den Vorgang aus Sachsen. „Wir waren anfangs schon etwas erschrocken“, sagt Maria Conze, Sprecherin der Potsdamer Tafel. Man habe bereits mit dem Bundesverband der Tafeln Kontakt aufgenommen und Informationen für Spender vorbereitet. Schon vor einiger Zeit sei ein Spender nach einer Veröffentlichung über die Steuernachforderung in einer Fachzeitschrift abgesprungen. Dennoch sei man gelassen. Die Spenden laufen weiter wie zuvor. Die Rechtslage habe sich ja gar nicht verändert, so Conze.

Das bestätigt auch das Brandenburgische Finanzministerium: Der Verbrauch von Lebensmitteln ist in Deutschland mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent belegt. Das sei geltendes Recht, auch wenn sie gespendet werden, so Sprecherin Ingrid Mattern. Schließlich ziehen Unternehmer die Steuer auf die Rohstoffe von ihrer persönlichen Steuerlast ab. Es sei aber nicht im Interesse Brandenburgs, wenn den Tafeln Lebensmittel entzogen würden. Das Land stimme sich deshalb mit dem Bundesfinanzministerium über eine Lösung der Steuerfrage ab.

Die Potsdamer Tafel unterstützt nach eigenen Angaben jede Woche 1200 Bedürftige, darunter mehrere Hundert kinderreiche Familien. Viele davon leben von Hartz IV. 16 Fahrer transportieren Woche für Woche bis zu zehn Tonnen Lebensmittel. Alle Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich. Ausgabestellen gibt es in der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde in der Schopenhauerstraße, in der Kirche im Kirchsteigfeld und im Bürgerhaus am Schlaatz. Berechtigungskarten werden im Büro der Tafel in der Geschwister-Scholl-Straße ausgegeben. Die Potsdamer Tafel wurde im Jahr 1998 gegründet. Seit November 2010 wird für den Besuch einer Ausgabestelle ein Beitrag von einem Euro verlangt.

Der Bundesverband der Tafeln verlangt von der Politik eine ausnahmslose Umsatzsteuerbefreiung oder zumindest eine unmissverständliche Erklärung zur Besteuerung von Sachspenden an gemeinnützige Organisationen. In einer Mitteilung hieß es, die abgegebenen Waren hätten für die spendenden Unternehmen keinen wirtschaftlichen Wert mehr. Folglich sollten auch keine Steuern fällig werden. Den langjährigen Spendern sollte die Unsicherheit genommen werden, statt Hürden aufzubauen.

Bei der Potsdamer Tafel prüft man bereits Lösungen, falls sich die Finanzämter stur stellen. Wenn die Waren formal einen wirtschaftlichen Wert haben, könne man eine Spendenquittung ausstellen, so Conze. Spender könnten dann versuchen, die gezahlte Steuer mithilfe ihres Steuerberaters zurückzuholen.

Potsdamer Spender wollen so oder so weitermachen. In der Bäckerei Schröter in der Charlottenstraße war das Problem mit den Steuerforderungen noch unbekannt. Die Spenden der Bäckerei an die Suppenküche soll es weiterhin geben. Frank Fahland will nun abwarten, wie die Steuerfrage geklärt wird. Für die Bedürftigen will er dennoch weiter spenden. „Wir sehen uns als ein Unternehmen mit sozialer Verantwortung“, so Fahland.mar

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