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Aus dem GERICHTSSAAL: Fliegender Blumenkasten

Bewährung für Körperverletzung und Beleidigung

Stand:

„Die Sachlage war nicht mehr 100-prozentig aufzuklären“, konstatierte Amtsrichter Wolfgang Peters nach zwei Verhandlungstagen. Dennoch wurde Ronald R. * (24) der gefährlichen Körperverletzung sowie der Beleidigung überführt. Er erhielt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten und einer Woche, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem muss der Achtklassen-Abgänger ohne Berufsausbildung 30 Stunden unentgeltlich arbeiten. Ronald R. soll am 19. September vergangenen Jahres am Schlaatz mit voller Wucht einen Blumenkasten aus der zweiten Etage auf seinen Kontrahenten Sebastian S. geschmettert haben. Der Bestatter erlitt dadurch Prellungen am Hinterkopf und Schmerzen am Rücken. Außerdem – so der Staatsanwalt – habe er ihn mit Ausdrücken aus der Fäkalsprache bedacht.

Sebastian S. habe ihn in der Vergangenheit wegen nicht zurückgezahlter Schulden mehrfach bedroht, die wüsten Beschimpfungen gar auf die Mutter von Ronald R. ausgedehnt, erzählte der Angeklagte. In der bewussten Nacht sei er von der Babelsberger Livenacht gekommen, als er Sebastian S. und dessen Rottweiler begegnete. „Sebastian fragte, wo bleibt das Geld? Dann wurde er sofort handgreiflich. Sein Hund hat mich gekratzt und gezwickt“, so Ronald R. Voller Panik sei er in seine Wohnung geflüchtet. Sebastian S. sei hinterhergerannt, habe Sturm geklingelt, laut herumgegrölt und gedroht, er werde demnächst mit „ein paar Leuten vorbeikommen“. Reflexartig habe er dann den Kasten mit verdorrten Pflanzen von der Brüstung geschoben, nicht hoch erhoben und gezielt geworfen, wie es in der Anklage steht. „Der Blumenkasten hat Sebastian nicht getroffen. Wir haben uns am nächsten Tag ausgesprochen und festgestellt, dass das eine Scheiß-Aktion war.“ Doch vorher hatte Ronald R. bereits Anzeige bei der Polizei erstattet. Justitias Mühlen begannen zu mahlen.

„Entschuldigung, dass ich am ersten Verhandlungstag nicht gekommen bin. Ich habe mich beim Transport eines Sarges verletzt“, äußerte Sebastian S.* (32) beim Fortsetzungstermin. Er hatte eine ganz andere Sicht auf die Dinge jener Septembernacht. Nichts Böses ahnend – so der Bestatter – sei er mit seinem jungen Rottweiler-Welpen am Schlaatz Gassi gegangen, als es im Gebüsch raschelte. „Ich dachte an Wildschweine. Es war aber Ronald, der mit erhobenen Händen auf mich zukam. „Wir haben gerangelt. Dann hielt er meinem Hund ein Messer an den Hals. “ Der Blumenkasten habe ihn sehr wohl getroffen, bestätigte der Zeuge. Ein Attest über seine Verletzungen befindet sich in der Gerichtsakte. „Wenn einem so ein Blumenkasten auf den Kopf fällt, kann das durchaus lebensgefährlich sein“, begründete der Vorsitzende das Urteil. (*Namen geändert.) Hoga

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