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Sieben Minuten. Soviel Zeit hatten Azubis und Personalchefs beim Speed-Dating der IHK, um sich kennenzulernen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Flirten um neue Azubis

Weil es zu wenige Bewerber gibt, hat die IHK zum Speed-Dating eingeladen

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Marie-Luise Naase hat gleich ihr erstes Date. Sorgfältig krempelt die 15-jährige Gesamtschülerin die Ärmel ihrer rosafarbenen Jacke hoch und atmet tief durch. Dann setzt sie sich an den mit Keksen und Küchelchen gedeckten Tisch zu ihrem Wunscharbeitgeber. „Willkommen bei Starbucks, wir sind Yvonne und Susanne. Was interessiert dich an der Gastronomie?“, wird Marie-Luise begrüßt.

Die Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK) hat am Mittwochnachmittag zum ersten Azubi-Speed-Dating in die Bahnhofspassagen eingeladen. 30 Unternehmen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe kamen, um sich je sieben Minuten lang unbekannten Bewerbern zu stellen. Sie taten es gern: Hotel Mercure, Starbucks oder Mc Donalds verbindet die händeringende Suche nach Auszubildenen.

„Im vergangenen Jahr wurden in Potsdam im Hotel- und Gaststättengewerbe nur noch halb so viele Ausbildungsverträge abgeschlossen“, sagt Wolfgang Spieß von der IHK. Es fehle an Bewerbern. 400 Stellen seien unbesetzt. Wo früher stapelweise Anschreiben kamen, sammelt sich heute nur ein Stäpelchen. Das liege nicht nur an geburtenschwachen Jahrgängen. Die Jugendlichen ziehen weg, sagt Spieß: „Wir wollen, dass Schüler Chancen in ihrer Region erkennen.“

Yvonne Meier, Chefin der Starbucks-Filiale im Sterncenter, konnte im vergangenen Jahr ihre Azubistelle nicht besetzen. Nur drei Bewerber hatte es gegeben. „Keiner kam infrage“, sagt sie. Zu schlecht waren die Noten in Mathe und Deutsch. Doch es liege nicht nur an den Bewerbern, meint Marlies Ihlefeldt, Oberkellnerin im Parkhotel Potsdam. Die Branche zahle schlecht. „365 Tage freundlich sein. Einsatzbereit an Wochenenden und Feiertagen“ – wer hier angestellt ist, muss verzichten. Rund 400 Euro bekämen die Azubis, sagt Ihlefeldt. Das ist unattraktiv. „Wenn ich keine Azubis habe, habe ich später auch keine Fachkräfte.“ Auch das sei schon jetzt zu spüren.

Gesamtschülerin Elisabeth Pausch hat sich indes gut auf ihre Unternehmens-Dates vorbereitet. 16 Bewerbungsmappen hat sie dabei. „Ich habe eine vier in Mathe, bis zum Sommer wird das eine zwei“, sagt sie bei jedem Gespräch und punktet damit. Nach einer Stunde hat die Blankenfelderin fünf Mappen verteilt und zwei offizielle Bewerbungsgespräche in der Tasche. „Für mich hat es sich gelohnt“, sagt sie. Auch Marie-Luise Naase ist zufrieden. Noch in dieser Woche will sie bei Starbucks ihre Bewerbungsunterlagen einreichen. Tobias Reichelt

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