
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Flüchtlinge starten in die Gartensaison Miteinander lernen am Beetrand: Integrationsgarten in der Grotrianstraße Am Stern eröffnet
Am Stern - Lavendel, Rosmarin und Thymian sind erst der Anfang. Später soll auch noch Gemüse in der Erde zwischen den Neubauten Am Stern wachsen.
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Am Stern - Lavendel, Rosmarin und Thymian sind erst der Anfang. Später soll auch noch Gemüse in der Erde zwischen den Neubauten Am Stern wachsen. Männer und Frauen aus Syrien und Libyen packen mit an, um die ersten Kräuter in das Beet einzupflanzen. Etwa 30 Flüchtlinge und zahlreiche Anwohner des neuen Wohnverbunds Am Stern waren gekommen, um mit Stadtpolitikern die Einweihung ihres Integrationsgarten in der Grotrianstraße 13 zu feiern.
Seit Anfang Februar stehen in der Grotrianstraße elf neue Flüchtlingswohnungen zur Verfügung. Bei dem fünfgeschossigen Neubau der städtischen Pro Potsdam handelt es sich um einen sogenannten Wohnungsverbund, in dem neben den 45 Flüchtlingen auch andere Menschen leben. Im Außenbereich befindet sich ein großer Garten mit Spielplatz. Nun bereichern auch die zwölf neuen Beete den Garten. Durch die gemeinsame Arbeit im Garten haben die Bewohner außerdem die Gelegenheit, sich besser kennenzulernen, so die Hoffnung der Stadt. Für die Zukunft kann der Integrationsgarten sogar noch erweitert werden.
Das Fest nutzten viele Anwohner, um sich den Neubau genauer anzuschauen – und um einen Eindruck von ihren neuen Nachbarn zu bekommen. „Ich wollte einfach mal sehen, wie das hier so ist und wie die Flüchtlinge in dem Haus leben“, sagt ein Anwohner. Uta Görner, die ebenfalls in der Nachbarschaft lebt, hat bereits einen ersten Kontakt mit einer Flüchtlingsfamilie aus Libyen geschlossen, die in dem Haus untergebracht ist. Sie habe keine Vorbehalte gegenüber den neuen Flüchtlingswohnungen in der Nachbarschaft, sagt sie. „Die Flüchtlinge sind doch gebeutelt genug durch das, was sie in ihren Heimatländern erleben mussten“, sagt Görner. Ihren neuen Bekannten aus Libyen möchte sie eines ihrer Fahrräder schenken. Auch bei weiteren Gästen löst der Wohnungsverbund positive Reaktionen aus. „Das ist eine super Sache. Hier bekommen Menschen, die Hilfe brauchen, eine gute Unterstützung“, sagt Franziska Lebert.
Was sich heute so harmonisch anhört, stieß jedoch im vergangen Jahr zu Baubeginn des Gebäudes auf Vorbehalte der Nachbarn (PNN berichteten). Auf Informationsveranstaltungen gab es immer wieder Befürchtungen der Anwohner – etwa dass die neuen Flüchtlingswohnungen zu brennenden Autos führen könnten, Terroristen ins Viertel kämen und Rechtsradikale aufmarschieren würden. Auch gegen Sozialneid waren einige Anwohner nicht gefeit: Einige Teilnehmer waren der Ansicht, Flüchtlinge erhalten eine zu üppige finanzielle und materielle Unterstützung. Besonders störten sich manche daran, dass die Flüchtlinge in einem frisch fertiggestellten Neubau leben sollen. Auch die Stadt wurde kritisiert, da die Nachbarn erst nach Baubeginn über das Projekt informiert worden sind.
Der Ärger über die Informationspolitik der Stadt war auch am Samstag beim Gartenfest immer noch zu spüren: „Wir sind vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Ohne uns etwas mitzuteilen, wurde auf einmal angefangen zu bauen“, kritisiert ein Anwohner. Die Höhe des fünfgeschossigen Gebäudes nehme den Nachbarn außerdem ihre ehemals freie Aussicht. „Es gibt doch bestimmt genug freistehende Wohnungen in Potsdam“, sagt ein Nachbar. Ein solcher Vorschlag war bereits bei der Bürgerversammlung im letzten Jahr geäußert worden. Die Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) lehnte diese Idee damals ab. Die Betreuung der Flüchtlinge durch Sozialträger sei so nicht vernünftig umsetzbar, erklärte sie.
Der Wohnungsverbund in der Grotrianstraße 13 ist nicht der erste dieser Art in Potsdam. Mit einer solchen Unterbringung hat die Stadt bereits im Staudenhof in der Innenstadt und in der Haeckelstraße in Potsdam-West Erfahrungen gemacht. Müller-Preinesberger berichtete bei der Eröffnung des Integrationsgartens von den positiven Rückmeldungen, die sie von Anwohnern der Haeckelstraße erhalten hatte. „Die Nachbarn haben Freundschaften mit den Flüchtlingen geschlossen und möchten gar nicht, dass sie irgendwann wieder ausziehen“, so Müller-Preinesberger. Wie das Beispiel aus der Haeckelstraße zeige, so fuhr Müller-Preinesberger fort, seien solche Wohnungsverbünde genau richtig, um Kontakt zwischen Flüchtlingen und Potsdamern herzustellen. Auch Horst Müller-Zinsius, Geschäftsführer der städtischen Pro Potsdam, hält den Neubau für eine „angemessene Unterbringung jenseits des Containers“.
Neben den Unterkünften für die 45 Flüchtlinge steht auch dem Träger, dem Internationalen Bund, eine weitere Wohnung im Gebäude zur Verfügung. Das Team der Mitarbeiter des Internationalen Bundes wird auch Sportangebote und Sprachkurse vermitteln. Schließlich ist die Sprache ein wichtiges verbindendes Element zwischen Anwohnern und Neuankömmlingen. Erlernen lässt sie sich auch am Beetrand – zwischen Kräutertöpfen und Gemüsepflanzen.
Svenja Morgener
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