Landeshauptstadt: „Fluchtpunkt“ nicht nur zur Zeugniszeit Wenderoth: „Sie müssen die Änderung wollen“
Nein, so sagt Holger Wenderoth, es seien nicht einmal die berühmt-berüchtigten Zeugnistage, an denen sein Telefon mehr als an anderen Tagen klingele. „Es ist der Bereich Schule überhaupt, der viele Kinder und Jugendliche verzweifeln lässt, der Probleme mit sich bringt, die sie allein dann meist kaum noch lösen können“, weiß der Sozialpädagoge aus Erfahrung.
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Nein, so sagt Holger Wenderoth, es seien nicht einmal die berühmt-berüchtigten Zeugnistage, an denen sein Telefon mehr als an anderen Tagen klingele. „Es ist der Bereich Schule überhaupt, der viele Kinder und Jugendliche verzweifeln lässt, der Probleme mit sich bringt, die sie allein dann meist kaum noch lösen können“, weiß der Sozialpädagoge aus Erfahrung. In solchen Fällen ist er gefragt, hat ein offenes Ohr und versucht zumindest zu helfen. Nicht, indem er sich auf eine Seite stellt: Zusammenarbeit muss sein – zwischen ihm und den Jugendlichen, den Eltern und dem Jugendamt. Der Jugendhilfeverbund Potsdam, ein Teil der Gesellschaft zur Förderung Brandenburger Kinder und Jugendliche mbH, ist an der Puschkinallee 14 schon seit Jahren ein gefragter Anlaufpunkt, wenn es um Sorgen und Nöte geht: Unter der Potsdamer Nummer 291889 ist die Einrichtung rund um die Uhr erreichbar. Diese teilt sich indes in zwei Teile: den „Fluchtpunkt“ mit dem Jugend-Notdienst und die Krisenwohnung. „Während viele Eltern unsere Telefonnummer kennen, ist den meisten Kindern und Jugendlichen eher unser Ort bekannt“, sagt Holger Wenderoth. „Und so sind die meisten, die zu uns kommen, auch Selbstmelder.“ Sie kommen, wenn es Konflikte mit den Eltern gibt, wenn Gewalt zu Hause an der Tagesordnung ist, bei Alkoholproblemen und Angst vor Strafe. Ausreißer finden den Weg in die Puschkinallee ebenso wie Schulschwänzer – oft ist es ein Teufelskreis, in den sie hineingeraten seien. „Als Zeitlimit für den Fluchtpunkt haben wir uns vier Tage gesetzt“, so der 36-Jährige. „Manchmal liegt die Verweildauer höher, im Durchschnitt aber bei zwei Tagen.“ Ab und zu kommt es auch vor, dass die Jugendlichen, die zum größten Teil zwischen 14 und 16 Jahre alt sind, vom Fluchtpunkt zeitweise in die Krisenwohnung ziehen. Das wird zusammen mit ihnen, den Eltern und dem Jugendamt, in dessen Auftrag die Einrichtung handelt, besprochen. Wichtig sei, so Wenderoth, dass die Jugendlichen selbst die Veränderung wollen. „Wir brauchen ihren Arbeitsauftrag, dann können wir auch helfen“, so der Sozialpädagoge, der Teil eines neunköpfigen Teams ist. Am Tag der Zeugnisse erhöhe sich die Zahl der Hilfesuchenden erfahrungsgemäß nicht. Trotzdem sei immer jemand von den Fachleuten rund um die Uhr zu erreichen, wenn Bedarf besteht. Ein Novum, denn die kostenlose „Kummer-Nummer“ 0800-1110333 des Kinder- und Jugendschutzbundes ist nur montags bis freitags in der Zeit von 15 bis 19 Uhr zu erreichen. Eines jedoch bleibt bei allen Ratgebenden am anderen Ende der Leitung gleich: „Wir hören zu so lange du willst, und alles bleibt unter uns“, ist das Motto der psychologisch geschulten Experten. „Manchmal rufen auch Jugendliche an, die vom Freund oder der Freundin verlassen wurden“, erzählt Wenderoth. „Auch dann ist viel Einfühlungsvermögen gefragt.“ „Fast alle Schüler, die jetzt ihre Zeugnisse bekommen, erlebten in den vergangenen Monaten Fortschritte und Rückschläge“, so Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche. „Die Motivation von Kindern und Jugendlichen gedeiht aber nur in einem vertrauensvollen und angstfreien Klima.“ Da die Zeugniszeit für einige Kinder auch eine Kummerzeit sei, stünden kompetente Ansprechpartner bereit. Über weitere Hilfs- und Beratungsangebote gibt es Informationen im Internet. Henner Mallwitz www.brandenburg.de/media/3029/schulpsychologen.pdf
Henner Mallwitz
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