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Links und rechts der Langen Brücke: Frage der Glaubwürdigkeit

Dirk Becker über die Entscheidung für das Brockesche Haus, das seltsame Verhalten der Verwaltung und einen zu späten Vorschlag

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Eine interessante Vorstellung war zu erleben, als am Donnerstagabend im Kulturausschuss der Tagesordnungspunkt Potsdam Museum aufgerufen wurde. Die Verwaltung wollte noch einmal in die Vollen greifen. „Experten“ sollten zu Wort kommen, die für das Alte Rathaus – den Vorschlag des Oberbürgermeisters – als künftigen Museumsstandort werben. Da diese „Experten“ alle beruflich mit der Verwaltung verbunden sind, war diese Inszenierung schnell durchschaut. Einer der Gründe, warum die Ausschussmitglieder auf die Anhörung dieser „Experten“ verzichteten. Auf die Anhörung derer, die Rederecht beantragt hatten, hätte auch verzichtet werden können. Dann wäre einem zwar die Elegie auf die Räumlichkeiten im Alten Rathaus entgangen, die ein Potsdamer Ausstellungsdesigner sang, der erst kürzlich den Zuschlag für die Gestaltung der Ausstellung in der Lindenstraße 54, dem ehemaligen Stasi-Gefängnis, bekommen hatte. Auch ein Projekt der Verwaltung. Dem Mann fehlten schlicht die Worte ob des Raumwunders im Alten Rathaus, so begeistert gab er sich. Die Verwaltung hört so etwas natürlich gern. An den Ausschussmitgliedern prallten diese Worte ab. Verständlicherweise. Denn was in einem anderthalbjährigen Diskussionsprozess nicht gelingt, kann auch am Tag der Entscheidung nicht überzeugen. Mit nur einer Gegenstimme hat sich der Kulturausschuss für das Brockesche Haus entschieden. Eine wohlüberlegte Entscheidung der Stadtverordneten, auch wenn in den vergangenen Wochen viele Argumente für das Alte Rathaus angeführt wurden. Doch in der Zeit davor hat die Verwaltung mit Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) an der Spitze viel Vertrauen und damit auch Glaubwürdigkeit verspielt, in dem dieser ganze Prozess, der ernsthaft von den Ausschussmitgliedern geführt wurde, von der Verwaltung aber nicht die nötige Ernsthaftigkeit erfahren hat. Wer dann versucht, selbst mit überzeugendsten Argumenten, vom Gegenteil zu überzeugen, kann nur scheitern. Fast schon programmatisch, dass ausgerechnet jetzt, wo es eigentlich schon zu spät ist, in der Verwaltung der Vorschlag die Runde macht, dem Investor den Kauf des Alten Rathauses anzubieten und es gemeinsam und gewinnbringend für beide Seiten zum Museum umzubauen. Es soll erfolgversprechender sein, einen solchen Vorschlag zur rechten Zeit zu machen.

Dirk Becker

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