
© Andreas Klaer
ZUR PERSON: „Frauen sind brutaler! Die hauen ja nach allem.“
Axel Schulz über die Titelverteidigung Ramona Kühnes und das Profiboxen der Frauen und Männer im Allgemeinen
Stand:
Herr Schulz, am heutigen Samstag will Ramona Kühne in der MBS-Arena ihre drei Weltmeistertitel verteidigen. Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach das Profifrauenboxen heute überhaupt noch? Eine wirkliche Glanzzeit gab es doch bisher nur unter Regina Halmich.
Regina war die Vorzeigesportlerin. Sie ist ja groß geworden durch den Kampf gegen Stefan Raab bei TV Total, vorher war das Frauenboxen auch nicht so anerkannt. Sie hat das super vertreten. Jetzt sind aber ihre Nachfolgerinnen gefragt. Ramona Kühne kann sehr gut sprechen und sieht gut aus. Das klingt vielleicht etwas komisch, aber es ist wichtig, dass man sie nicht nur im Trainingsanzug, sondern auch mal im Abendkleid sieht. Es wird aber noch dauern, bis man sie irgendwann an die Seite von Regina Halmich hebt.
Aber doch nicht allein, weil sie sich gut in einem Abendkleid präsentieren kann?
Das ist doch klar. In erster Linie zählt das Boxen, und da macht Ramona einen Supereindruck, da ist sie sehr ehrgeizig.
Ramona Kühne hatte ja durch die Verletzungspause fast ein Jahr lang keinen Wettkampf gehabt. Wie schätzen Sie ihre Chancen ein?
Ihre Chancen stehen ganz gut.
Und wie schätzen Sie ihre Herausforderin Halanna Dos Santos aus Brasilien ein?
Die kenn ich nicht. Dazu bin ich beim Frauenboxen doch etwas unerfahren. Aber die Brasilianerin ist jetzt die Nummer eins. Es geht um drei Gürtel an dem Abend, also eine Pflichtverteidigung, und das ist für Boxfans schon ein Ereignis. Ach übrigens, Graciano Rocchigiani kommt auch zum Kampf, der ist ja ebenfalls eine Legende, wenn auch nicht so wie Axel Schulz.
Auch wenn Sie sagen, Sie sind in Sachen Frauenboxen eher unerfahren, worin liegt Ihrer Meinung nach der Unterschied zwischen Männer- und Frauenboxen im Profisport?
Frauen sind brutaler! Die hauen ja nach allem. Wenn der Kampf vorbei ist, sind sie aber wieder nett.
Warum boxen eigentlich Frauen? Bei Männern denkt man, dass die sich auch mal körperlich gegeneinander beweisen müssen, dieses uralte Ritual Mann gegen Mann.
Tja. Keine Ahnung. Die meisten Frauen fangen komischerweise mit Kickboxen an, Regina Halmich auch.
Wie ist Ihr Eindruck vom Profiboxen derzeit überhaupt? Die Klitschkos dominieren, ernstzunehmende Gegner sind keine in Sicht, es herrscht fast nur noch Vorhersehbarkeit und Langeweile.
Es gab schon gute Kämpfe, Bremer gegen Gutknecht zum Beispiel war ein sehr spannender Kampf. Aber die Jungs müssen natürlich aufgebaut werden. Und wenn man jetzt die Klitschkos sieht, dann sind die nicht nur von der Einschaltquote her die Nummer eins. Das Problem ist dasselbe wie beim Tennis damals, Boris Becker und Steffi Graf, oder wie in den Neunzigern Henry Maske und ich – ohne jetzt überheblich sein zu wollen –, da fällt der Rest eben ein bisschen runter. Ich hoffe, dass da in den nächsten fünf Jahren jemand hochkommt, deshalb trainieren die Jungs ja auch so hart.
Es ist also schwierig, guten Nachwuchs zu finden, der entsprechend aufgebaut werden kann?
Ja, natürlich. Aber in anderen Sportarten ist das noch viel krasser. Mein Neffe Patrick war zum Beispiel Judoka, in der Nationalmannschaft U19, Deutscher Meister, und verletzt sich am Kreuzband: halbes Jahr Pause. Er fängt sofort wieder an zu trainieren, sieht nur noch den Sport. Aber als Judoka kann man doch kein Geld verdienen. Mit gerade 20 verletzt er sich an der Schulter, OP, wieder ein halbes Jahr Pause. Da habe ich gesagt: Jetzt ist Schluss, mein Freund. Jetzt wird ein Beruf erlernt. Heute hat er seinen Meister als Kfz-Schlosser und macht Judo noch als Hobby. Bei mir war das noch ganz anders, das war Osten, eine richtige Kaderschmiede, da wurde uns alles zur Verfügung gestellt. Ich kam dann nach Frankfurt (Oder) an die Sportschule. Nach der zehnten Klasse waren wir nur noch zwei: Dirk Eigenbrodt und ich. Dirk war dann Europameister der Amateure, und ich bin mit 20 Jahren Profi geworden. Die anderen sind alle auf der Strecke geblieben.
Wie sind Sie zum Boxen gekommen?
Bei mir fing das durch einen Zufall an. Damals ging man ja in einen Sportverein, weil das fünf Mark gekostet hat und Mutti einen zu Hause nicht mehr sehen musste. Ich habe zuerst Fußball gespielt, so wie jeder Junge, das war mir aber irgendwie zu blöd. Dann habe ich es mit Leichtathletik versucht, das fand ich aber auch blöd. Dann bin ich zum Schwimmen, das hat auch wieder fünf Mark gekostet – und Schwimmen war noch schlimmer. Aber ein Freund von mir war schon ein halbes Jahr im Boxtraining, und der hat mich dann mitgenommen. Der Sporttrainer hieß Sauer, und als wir ankamen, meinte er zu uns: So, wir rennen jetzt fünf Runden im Stadion, dann Krafttraining, dann noch mal fünf Runden im Stadion. Ich wollte aber zum Boxtraining, und nicht wieder zur Leichtathletik. Da bin ich nach Hause gegangen. Dann hat mein Kumpel Boxhandschuhe mitgenommen und meinte: Los, wir boxen ein bisschen – und hat natürlich nur auf meine Nase gehauen. Also bin ich das nächste Mal wieder zum Training und hab gesagt, dass ich besser werden will als mein Kumpel. Und bin dabeigeblieben.
Ziehen Sie eigentlich selbst noch die Boxhandschuhe an?
Gar nicht mehr. Das ist vorbei. Ich gehe noch schwimmen, ab und zu golfen, was ja auch kein richtiger Sport ist. Ins Fitnessstudio gehe ich gar nicht mehr, wenn man da 50 Kilo stemmt, wird man gleich schief angeguckt, dass man keine 100 nimmt – obwohl das gesünder ist. Aber da bin ich auch eitel. Ich mach nur noch ein bisschen für mich Sport. Na gut, ich habe mal ein Boxtraining für einen guten Zweck versteigert – und dachte nur: Um Gottes Willen, hoffentlich ersteigert das nicht der Klitschko!
Das Gespräch führte Dirk Becker
Die Vorkämpfe der bereits ausverkauften Veranstaltung beginnen um 18 Uhr. Sport 1 überträgt ab 22 Uhr live.
Axel Schulz, geb. 1968 in Bad Saarow, war
Profiboxer im Schwergewicht.
Mit elf Jahren kam er zur Abteilung Boxen der Fürstenwalder BSG Gaselan und wechselte 1982 an die Kinder- und Jugendsportschule des ASK Vorwärts Frankfurt (Oder).
Schulz war von 1990 bis 2006 Profiboxer, kämpfte und verlor unter anderem gegen George Foreman, Francois Botha und Wladimir Klitschko.
Beim heutigen Boxspektakel in der MBS-Arena ist Schulz zum ersten Mal als Manager mit dem Supermittelgewichtler Dario Bredicean zu erleben, der in Potsdam sein Profidebüt gibt.
Axel Schulz ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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