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Schweres Boot. Aus Beton fertigen die Studierenden ihre Kanus.

© Marco Nöthlich/FHP

Homepage: Frauen spachteln besser

Potsdamer Studierende nehmen an der 13. Betonkanu-Regatta in Magdeburg teil, Sponsoren werden noch gesucht

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Noch sieht „Luise“ grau und unscheinbar aus, einige Stellen ihres Rumpfes sind noch zu dick, andere zu dünn. Im Keller des Werkstattgebäudes der Fachhochschule Potsdam (FHP) machen sich die Studierenden des Fachbereichs Bauingenieurwesen mit Spachtel und Schleifgerät daran, „Luise“ den letzten Schliff zu verpassen. Schön leicht soll sie werden, und dabei trotzdem stabil sein. „Luise“ ist ein Kanu – ein Kanu aus Beton.

Seit dem vergangenen September planen, entwerfen, spachteln und schleifen die 36 angehenden Bauingenieure des zweiten und vierten Semesters an ihren Booten „Luise“ und „Fritz“, deren Namensgeber natürlich aus dem preußischen Königshaus stammen. Ihr Ziel ist die Teilnahme an der 13. Betonkanu-Regatta, die am 24. und 25. Juni in Magdeburg stattfinden wird. Auch bei der Auswahl ihres Mannschaftsnamens ließen sich die Kanubauer der FHP von der Geschichte inspirieren: „Potstupimi“ – der Name, den die Stadt Potsdam bei ihrer ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 993 trug – soll für das Potsdamer Team stehen.

Seit 1986 gibt es die Betonkanu-Rennen in regelmäßigen Abständen und unter internationaler Beteiligung in Deutschland, der Ursprung liegt allerdings in den USA. Der Bundesverband der Deutschen Zement- und Betonindustrie griff die Idee auf und veranstaltet die Regatta inzwischen alle zwei Jahre. Teilnehmen dürfen alle Ausbildungsstätten, Schulen und Hochschulen, an denen Betontechnik gelehrt wird. Die Resonanz ist groß: 105 Mannschaften aus 41 Institutionen nahmen im Jahr 2009 am Betonkanu-Rennen teil.

Seit 2002 ist auch die FHP mit dabei, die in diesem Jahr mit zwei Frauen- und zwei Männermannschaften an den Start geht. Marco Nöthlich, selbst angehender Bauingenieur und Betreuer des Projekts, hält den Bau des Betonkanus für eine gute Möglichkeit, das über den Beton Gelernte auch anzuwenden. Auch Studentin Christin Anders freut sich, einmal aus dem Hörsaal herauszukommen, praktische Erfahrungen zu sammeln und „selbst Beton zu mischen“. Zudem sei es für die Studierenden eine wertvolle Erkenntnis, dass aus dem Baustoff Beton nicht nur Straßen oder Häuser, sondern durchaus auch mal ein Boot entstehen könne, so Nöthlich. Dass dieses Kanu aus Beton tatsächlich auch schwimmtauglich ist, liegt an der Auftriebskraft, die es durch die Verdrängung des Wassers erhält. Das erste Betonboot baute übrigens der Franzose Joseph-Louis Lambot im Jahr 1848.

In einem Betonboot steckt viel Arbeit, die die Studierenden einmal wöchentlich gemeinsam angehen. Die Schalung aus Glasfasermatten und Polymerharz – ein Negativabdruck eines Originalkanus – war bereits aus dem vergangenen Jahr vorhanden. Sie musste nur noch verbreitert und in der Höhe verändert werden. Der Prototyp des Betonkanus entstand kurz vor Weihnachten. Die Schalung wurde mit Beton ausgespachtelt, eine Armierungsgaze eingelegt und eine zweite Betonschicht aufgetragen. Über Wochen musste das Boot jeden zweiten Tag gewässert werden, damit keine Risse in der dünnen Betonwand entstehen. Knapp 100 Kilogramm brachte dieses erste Boot auf die Waage. Nachdem die Kanubauer es geschliffen und ausgebessert hatten, wog es knapp 80 Kilogramm. „Das Ziel sind 50 Kilogramm und eine Wanddicke von zwei bis drei Millimetern“, erklärt Marco Nöthlich. Eine erste einstündige Testfahrt auf dem Krampnitzsee hat das Kanu bereits überstanden, auch wenn es ein kleines Leck gab, das anschließend ausgebessert werden musste.

Im April wurde dann das zweite Boot „Luise“ aus der Taufe gehoben, „Fritz“ soll in wenigen Wochen folgen. „Wir haben festgestellt, dass Frauen besser spachteln können als Männer“, sagt Studentin Sarah Küpper lachend. Denn: Für den Bau von „Luise“, den die 14 Frauen der Gruppe übernommen haben, wurden zehn Kilogramm weniger Beton verbraucht. „Das ist sicherlich auch auf die Erfahrung, die wir durch den ersten Bootsbau hatten, zurückzuführen“, gesteht die Studentin ein.

Die Potsdamer hoffen nun auf eine gute Platzierung in Magdeburg. Der Spaß steht allerdings im Vordergrund. Jeweils zwei Studierende werden sich im Kanu mit Stechpaddeln ein Wettrennen mit den anderen Teilnehmern liefern. Prämiert werden jedoch nicht nur Schnelligkeit und technische Leistungen, sondern auch Kreativität. Bei der Gestaltung der Boote und dem Auftritt der Mannschaft sind Einfallsreichtum und Fantasie gefragt. Das Frauenteam hat für ihre „Luise“ schon etliche Ideen im Kopf: Bunt, glitzernd, mit Federn und Blümchen – „Luise“ wird wohl eine gute Figur machen. Heike Kampe

Für die Teilnahme an der Regatta suchen die Studierenden noch dringend nach Firmen, die den Druck der Mannschafts-T-Shirts, den Bootstransport sowie Verpflegung und Unterkunft sponsern. Kontakt über Tel. 0173-10 77 323 oder Mail: christin.anders@fh-potsdam.de

Heike Kampe

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