
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Freie Fahrt auf der Ribbeckstraße
Verwaltungsgericht kassiert „verkehrsberuhigte Zone“. Stadt droht Rückzahlung von Bußgeldern
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Bornstedt - Ein verwaltungstechnischer Formfehler könnte Potsdam teuer zu stehen kommen. Weil die Stadtverwaltung vor knapp sechs Jahren Verkehrsschilder ohne rechtliche Grundlage aufstellte, drohen jetzt Rückforderungen von Bußgeldern in beträchtlichem Umfang. Am vergangenen Donnerstag erklärte das Verwaltungsgericht Potsdam die Ende 2005 in der Bornstedter Ribbeckstraße eingerichtete „verkehrsberuhigte Zone“ für unwirksam. Insgesamt fünf Kläger waren gegen die von der Stadt getroffene Entscheidung vor Gericht gezogen. „Der Klage wurde stattgegeben“, bestätigte am Montag Gerichtssprecher Ruben Langer den PNN. Der Grund: Die Stadtverwaltung hatte die Schilder ohne Rückendeckung der Stadtverordnetenversammlung aufgestellt.
Für die Einrichtung einer „verkehrsberuhigte Zone“ bedürfe es zuvor „eines verabschiedeten gemeindlichen Verkehrskonzeptes, das Ausdruck des planerischen Ermessenes“ sei, erläuterte Langer weiter. Ein entsprechendes Konzept habe aber nicht vorgelegen. Die Stadt wollte sich gestern zu der Gerichtsentscheidung nicht äußern. „Wir warten erst die Urteilsbegründung ab“, hieß es aus der Pressestelle.
Seit Jahren gilt die Ribbeckstraße vielen Autofahren der Stadt als Ärgernis und willkommener Anlass für Abzocke der öffentlichen Hand. Weil dort häufig schneller als die vorgegebenen zehn Kilometer pro Stunde gefahren wird, hagelt es regelmäßig Bußgelder. Eingeführt wurde die „verkehrsberuhigte Zone“ damals jedoch, um die Anwohner besser vor Lärmbelästigung zu schützen. Diese hatten immer wieder gegen das hohe Aufkommen von Reisebussen und Besucher- Pkw auf der einzigen Zufahrt zum Krongut Bornstedt geklagt. Unter dem Namen „Bürgerinitiative italienisches Dorf“ hatten sich mehrere betroffene Anwohner 2005 zusammengeschlossen und gegen die erhebliche Belastung mobil gemacht. Infolge dessen wurde im Frühsommer mit der Stadt und dem Krongut eine Vereinbarung getroffen. Die Zufahrt für Reisebusse wurde verboten, die Gehwege umgestaltet und die „verkehrsberuhigte Zone“ angekündigt.
Außer den Schildern weise jedoch nichts auf die veränderte Verkehrslage hin, meinte gestern der Potsdamer Rechtsanwalt Sven Gottschalkson, der drei der Kläger vor dem Verwaltungsgericht vertreten hat. Neben dem Fehlen eines von der Stadtverordnetenversammlung abgesegneten Konzeptes habe das Gericht bemängelt, dass die „verkehrsberuhigte Zone“ nicht weiter baulich zu erkennen sei. Erst nachträglich, als der Stadt bekannt geworden sei, dass gerichtlich gegen die Entscheidung vorgegangen werde, sei eine Fahrbahnverengung gebaut worden, so Gottschalkson.
Dem Rechtsanwalt zufolge muss sich die Stadt auf Rückforderungen der mit Bußgeldern bedachten Verkehrssünder gefasst machen. „Die Stadt hat gnadenlos abkassiert“, behauptete Gottschalkson weiter. Allein seine Kanzlei habe bestimmt 20 Mandanten vertreten, die vor dem Amtsgericht bisher vergeblich versucht hatten, gegen ihre Bußgelder vorzugehen. Stets sei deren Anliegen mit Verweis auf die Beschilderung abgewiesen worden. Nun aber habe das Verwaltungsgericht die Grundlage für die Bußgelder kassiert, so der Anwalt für Verkehrsrecht. „Es ist rechtlich grundsätzlich möglich, das Geld jetzt zurückzufordern“.
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