WEIMERS Woche: Freiheit für die Parks
Wolfram Weimer fordert einen wirklichen Volkspark
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In dieser Woche war ich Fußballspielen. Wie jede Woche. Mit Jan, dem Kopfballwunder, Ulf, der Tor-Exekutive, Henning, dem Abwehrfels, Frank, dem Flügelflitzer, Hans, dem Latinozauberer und Markus, dem Doppelpass-Architekten. Wir haben seit einigen Jahren einen herrlich anarchischen Verein, der nirgends eingetragen ist: FC Pomona Pfingstberg. Das Besondere an der Truppe ist die generationelle Note: Denn es spielen immer ein Dutzend Väter gegen ein Dutzend Söhne. Seit sieben Jahren gibt das dem Kick seinen ödipalen Reiz.
Der Name des Vereins deutet an, wo alles begann: oben auf dem Pfingstberg als Freizeitkicker im Park. Das freilich ist in Potsdam nicht so einfach. Denn Parks sind bei uns ja keine Orte des freien Bürgervergnügens wie im Rest der Republik, sondern etwas Exterritoriales zwischen Hoheitsgebiet und Hochsicherheitstrakt. Fahrradfahren und Fußballspielen unerwünscht.
Und so haben wir Pomona-Kicker mehrere Vertreibungen aus dem Parkparadies erfahren. Ob Pfingstberg, Mirbachwäldchen oder im Neuen Garten. Überall machten wir die zweifelhafte Bekanntschaft mit den grimmigen Scheriffs der Schlösserstiftung. Mit denen ist ja nicht zu spaßen, seitdem sie mit Kampfhunden, Strafzetteln und Fotoapparaten aus dem Gebüsch die Parkgenießer und Radfahrer drangsalieren. Und ehe es soweit kommt, dass aus einem übergesetzlichen Notstand zum Schutz der Parkanlagen offen auf uns geschossen wird, haben wir uns in den Buga-Volkspark verzogen. Der Name Volkspark schien uns irgendwie bürgernah und offen für jedermann. Weit gefehlt: Für jeden Spieler, der die Wiese des Volksparks betritt, muss Eintritt bezahlt werden. Auch für unsere beiden neunjährigen Mittelstürmer Valentin und Cornelius. Was besser ist, als aus dem Gebüsch fotografiert zu werden oder vom Schlossparkwächter behandelt zu werden wie ein Kleinkrimineller. Aber ein Volkspark, für den man beim Betreten zahlen muss, ist eigentlich kein Volkspark, sondern Zahlpark.
Wolfram Weimer schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor ist Chefredakteur des Magazins „Cicero“ und lebt mit seiner Familie in Potsdam
Wolfram Weimer
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