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Aus dem GERICHTSSAAL: Freispruch unter Beifall des Publikums

Gerichtliches Nachspiel der Turbulenzen nach der Räumung des „Boumanns“ zu Himmelfahrt 2000

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Aus dem GERICHTSSAALGerichtliches Nachspiel der Turbulenzen nach der Räumung des „Boumanns“ zu Himmelfahrt 2000 Sie wollen Sekt, nicht Selters – sprich keine Einstellung des Verfahrens, wie von der Staatsanwaltschaft im Vorfeld der Verhandlung angeboten, sondern einen Freispruch. Kai G. (37) und Marian L. (30) werden beschuldigt, der Polizei am 1. Juni 2000 bei der Sicherung des nach einem Brand geräumten Hauses Kurfürstenstraße 4 Widerstand geleistet zu haben. So sollen die Angeklagten mit einer Gruppe von 25 bis 30 Alternativen, von denen ein Großteil mit Genehmigung des Eigentümers dort wohnte, die Uniformierten von der Tür weggedrängt und gerufen haben: Wenn ihr uns nicht rein lasst, gehen wir gewaltsam rein. Was wenig später auch geschah. Kai G. soll sich zudem durch Zappeln und zielloses Treten gegen das Wegtragen durch zwei Polizeibeamte gewehrt haben. Das Duo auf der Anklagebank möchte sich weder zur Person noch zum Tatvorwurf äußern. So ist das Erinnerungsvermögen der am damaligen Einsatz beteiligten Ordnungshüter gefragt. Das ist – sehr zur Freude der zahlreich als Zuschauer erschienenen Ex-Bewohner des damals in der Szene als „Boumanns“ bekannt gewesenen Hauses und ihrer Sympathisanten – nicht eben brillant. Michael W. (26) weiß nur noch, dass er eine männliche Person weggetragen hat. „Warum?“, fragt die Richterin. „Na, um ihn wegzubringen“, so die aus Sicht des Zeugen wohl einzig logische Erklärung. „Wir haben Herrn G. ins Gewahrsam gebracht, um ihn in Gewahrsam zu nehmen“, erläutert eine junge Beamtin das weitere Vorgehen. Einige Zuhörer hält es vor Heiterkeit kaum noch auf den Stühlen. Erst Michael B. (34) trägt zur Ehrenrettung seiner Zunft bei. Da Kai G. die polizeilichen Maßnahmen störte, sei ihm – von wem auch immer – ein Platzverweis erteilt worden, dem er allerdings nicht nachkam. Deshalb sei er weggetragen und in einen Streifenwagen verfrachtet worden. Auf dem Weg dort hin habe der Angeklagte vor dem Café Heider versucht, durch Strampeln und Zappeln die Aufmerksamkeit der Gäste zu erregen. „Vielleicht wollte er auch provozieren, dass wir ihn fallen lassen“, vermutet der Polizeizeuge. Während der Fahrt zur Wache und im Gewahrsam habe sich Kai G. allerdings mustergültig verhalten. Olaf Z. (46), Schichtleiter jenes Nachmittagseinsatzes, hat eine ganz andere Erinnerung an die Ereignisse des Himmelfahrtstages 2000. Ein Platzverweis sei Kai G. niemals ausgesprochen worden. Vielmehr sollte er festgenommen werden, da er die Aufforderung, den Hinterhof zu verlassen, ignorierte, den Beamten statt dessen tätlich angriff. Auge in Auge mit den beiden Angeklagten kann sich auch dieser Zeuge nicht erinnern, ob Marian L. zu den Hauptakteuren der Ausschreitungen vor der Tür gehörte. (Was er bei einer Wahllichtbildvorlage seiner Polizei-Kollegen früher bestätigte.) So bleiben bei Staatsanwaltschaft und Gericht Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten. Sie werden freigesprochen, übrigens unter dem tosenden Beifall des Publikums.

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