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Potsdamer Talente: Freude am Kacheln zählen
Carl Louis Schwarz wollte schon als Kind schneller schwimmen als die anderen. Jetzt ist die Weltspitze der Maßstab des Potsdamers, der sich tagtäglich mit der nationalen Rückenschwimm-Elite im Training misst.
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Jede Kachel am Boden des Schwimmbeckens markiert ein kleines Stück des Weges zum großen Ziel. Jede einzelne bringt ihn immer weiter voran. Carl Louis Schwarz liebt jeden Kilometer, den er täglich im Becken zurücklegt. „Aber ich schwimme eigentlich lieber die kurzen, harten Trainingsserien als die langen. Da weiß man am Ende schließlich, was man gemacht hat“, sagt der Athlet des Potsdam SV, der aufgrund seiner Pardedisziplin - dem Rückenstil - auch oft die Balken an der Decke und nicht nur die Kacheln am Boden zählt.
Seine Schwimmkarriere war von Anfang an vom Leistungsgedanken bestimmt. „Als ich im Alter von sechs Jahren schwimmen gelernt habe, wollte ich unbedingt in einen Verein, um immer besser zu werden. Ich wollte schon immer besser sein als die anderen“, erzählt er. Der Weg auf die Sportschule war für ihn deshalb auch nur eine logische Entwicklung aus seiner Leidenschaft für den Sport. Zunächst führte ihn diese auf das Sportgymnasium in seiner Heimatstadt Schwerin. „Doch da war die Hallensituation so, wie wir sie aktuell in Potsdam haben: lange Wege zu den Trainingsstätten“, erzählt der 18-Jährige. An den Luftschiffhafen kam er im Sommer 2010. Die „perfekten Bedingungen“ hier haben ihn gelockt. Von der Misere um die seit Dezember geschlossene Schwimmhalle am Luftschiffhafen sind die Leistungsschwimmer besonders hart getroffen. Zu den zwei Trainingseinheiten am Tag müssen sie in die Schwimmhallen in Geltow oder am Brauhausberg ausweichen. „Das ist nicht optimal, aber unser Trainingspensum hat sich durch die längeren Wege kaum verändert.“ Denn gerade in einer Sportart wie dem Schwimmen sind hohe Trainingsintensitäten gefragt, will man an das internationale Niveau anknüpfen. Mit Christian Diener, Felix Wolf und Yannick Lebherz trainiert Schwarz schon in seinem ersten Jahr in der Offenen Altersklasse der Erwachsenen mit der deutschen Rückenschwimm-Elite. „Wir sind einerseits natürlich Trainingskameraden, auf der anderen Seite auch Konkurrenten“, sagt Schwarz.
Aus den Sommerferien direkt zu Silber bei der Junioren-WM
Als Kind habe er immer so schnell sein wollen wie Michael Phelps. Damals sei das alles so leicht dahergesagt gewesen. „Jetzt sehe ich jeden Tag, was ich leisten und wie hart ich noch trainieren muss“, erzählt der Zwölftklässler. An seinen Trainingskollegen kann er sich orientieren, denn alle drei haben auf internationaler Bühne schon Erfahrungen sammeln können. Doch auch für den 1,93 Meter groß gewachsenen Schwarz sind die großen Becken dieser Welt schon lange kein unbekanntes Gewässer mehr. Bei den Juniorenweltmeisterschaften 2013 in Dubai schwamm er über 50 Meter Rücken überraschend auf den Silberrang. „Ich kam damals eigentlich erst aus den Sommerferien und war kaum im Wasser, als die Nachricht kam, dass ich mitfliegen soll. Damit hatte dann keiner gerechnet.“ Ein Kaltstart auf der internationalen Bühne für das Nachwuchstalent aus Potsdam.
Bei den Deutschen Meisterschaften vom 1. bis 4. Mai will der Sportschüler die Weichen stellen, um sich bei der Heim-Europameisterschaft im August mit der internationalen Spitze messen zu können. „Auf der 200-Meter-Strecke bin ich noch ziemlich weit von der Norm entfernt, über 50 und 100 Meter ist eine Qualifizierung nicht ganz so weit hergeholt“, schätzt er. Bis dahin wird Carl Louis Schwarz aber noch so einige Trainingskilometer schwimmen müssen. Ob er dabei die Kacheln am Beckenboden oder die Balken an der Decke zählt, ist ihm letztendlich auch egal. Das harte Training ist für ihn schließlich der Weg nach ganz oben.
Chantal Willers
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