Landeshauptstadt: Freude über kaputte Fahrräder
Neue Werkstatt wird von Asylbewerber geleitet
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Neue Werkstatt wird von Asylbewerber geleitet „Das ist viel Arbeit!“, strahlt Roger Donfack über das ganze Gesicht und zeigt auf die 40 reparaturbedürftigen Fahrräder, die auf dem Hof des Asylbewerberheimes am Lerchensteig stehen. Seit gestern ist der 34-jährige aus Kamerun Leiter der Fahrradwerkstatt. Diese kam auf Initiative der Potsdamer Bündnisgrünen in Zusammenarbeit mit verschiedenen sozial engagierten Vereinen zustande. Im Winter hatte Nils Naber von Bündnis 90/Die Grünen die Idee dazu. Und er bedankt sich bei den PNN-Lesern, die sofort nach der Veröffentlichung in der Presse reagierten. Nicht nach der Devise „der alte Schrott muss weg“, sondern ehrlichen Herzens gaben sie Räder ab, die sie nicht mehr brauchten. Die Baracke am Lerchensteig, in der etwa 230 Flüchtlinge leben, liegt weit weg von der Stadt. Zwar fährt stündlich ein Bus von früh morgens bis Mitternacht, aber die ausländischen Bewohner fühlen sich dennoch abgeschnitten vom Stadtleben. Mit dem Rad sei man flexibler und schneller, zum Beispiel in Richtung Bahnhof spare man 20 Minuten. „Auch tut Bewegung gerade in einem Alltag des Wartens und der Ungewissheit gut, um traurige Gedanken zu verdrängen“, sagt Roger Donfack. Harald Koch, Leiter des von der AWO betriebenen Heimes, weist noch auf einen anderen Aspekt hin: „Die Flüchtlinge bekommen nur 80 Prozent der deutschen Sozialhilfe.“ Da bliebe selbst für die Busfahrkarte wenig übrig. Und billiger seien die Tickets auch nicht geworden, rechnet Koch vor: „Von 18 DM kletterten die Preise jetzt auf 23,50 Euro.“ Bei der gestrigen Eröffnung der Fahrradwerkstatt standen die Räder noch auf dem Hof. Roger Donfack ist jetzt mit freiwilligen Helfern dabei, das ehemalige Pförtnerhäuschen herzurichten. Obwohl der gelernte Krankenpfleger bereits seit seiner Kindheit an kaputten Rädern werkelt, freut er sich über fachliche Hilfe. Hans Raedler vom colibri-Fahrradladen war sofort von der Idee begeistert und half. „Ich war erschüttert, wie die Asylbewerber untergebracht sind“, sagt er. Gebraucht werden jetzt Ersatzteile. Schläuche, Lampen, Werkzeug und Schlösser. Harald Koch betont: „Die Flüchtlinge halten nicht die Hand auf, sondern wollen selbst etwas tun.“Brigitte Einbrodt Wer helfen will, meldet sich unter Tel.: (0331) 50 01 10.
Brigitte Einbrodt
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