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Aus dem GERICHTSSAAL: Freundin unsittlich berührt? Haft-Urlauber wollte Ehre der Freundin verteidigen

Am 2. Mai vorigen Jahres hatte Stefan S.

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Am 2. Mai vorigen Jahres hatte Stefan S.* (24) Hafturlaub. Er war Freigänger, stand kurz vor seiner Entlassung auf Bewährung. Dennoch freute er sich, an diesem Wochenende nicht zum Schlafen in die Zelle nach Tegel zu müssen. Schließlich war Baumblütenfest. Da wollte er hin. Dann landete der Student allerdings schneller wieder hinter Gittern, als gedacht. Die Anklage wirft ihm vor, auf dem Bahnhofsvorplatz einen Besucher grundlos mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben. Stefan S. – inzwischen Marketing- und Kommunikationswirt – beteuerte gestern vor dem Amtsgericht, er habe lediglich die Ehre seiner Freundin verteidigt, die im Gedränge „von einem südländisch aussehenden Typ in den Schritt gekniffen worden“ sei. „Wir wollten nach Hause. Auf dem Bahnhof war es voll, weil ein Zug ausgefallen war. Die Grundstimmung der Leute war aggressiv“, erzählte der wegen Körperverletzung Angeklagte. „Auf einmal sah ich, wie der Typ Jenny* zwischen die Beine griff. Ich sagte: Hey, was machst du da? Das ist meine Freundin. Da ging er sofort mit Fäusten auf mich los, traf mich an der Schulter. Ich habe mich nur gewehrt“, beteuerte Stefan S.

Jenny weilt zur Zeit in Australien, doch drei weitere Bekannte sollten die Aussage des Angeklagten stützen. Zwei junge Männer wollten beobachtet haben, dass Stefan S. zuerst von einem „großen, bulligen Türken oder Araber“ angegriffen wurde. „Er hat sich lediglich verteidigt. Ob und wo er den Mann getroffen hat, konnte ich nicht sehen“, bekundete einer. Eine Zeugin berichtete: „Der südländisch aussehende Typ stand ganz dicht hinter Jenny. Plötzlich schrie sie auf und lief weg. Ich bin ihr hinterhergerannt und habe gefragt, was passiert ist. Da hat sie gesagt, der Mann hat mich angefasst. Jenny war völlig fertig. Sie hat die ganze Zeit nur geweint.“

Ugur U.* (21) – das vermeintliche Opfer – kam eineinhalb Stunden zu spät zur Verhandlung. Angeblich hatte er sich in der Adresse geirrt. „Ich habe keine Frau berührt, auch nicht aus Versehen, und auch niemanden geschlagen“, beteuerte er im Zeugenstand. „Im Gedränge hörte ich, wie jemand hinter mir sagte: Hurensohn. Da habe ich mich umgedreht. Im selben Moment hatte ich auch schon eine gefangen. Dann dauerte es nicht lange, bis die Bullen – pardon die Polizisten – kamen.“ Die Frage der Richterin, ob er Fahrkosten hatte, um den Prozesstermin wahrzunehmen, parierte Ugur U. mit den Worten: „Ich bin schwarzgefahren, war in Eile.“ „Dem Angeklagten ist nicht zu widerlegen, dass Ugur U. zuerst geschlagen hat“, befand die Richterin. Allerdings handelte er nicht in Notwehr. Er hätte weggehen können.“ Ein Urteil, das seine Bewährung gefährden würde, müsse dennoch nicht sein. Zahlt Stefan S. bis zum Jahresende eine Geldauflage von 300 Euro, wird die Akte zugeklappt. (*Namen geändert.) gh

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