Aus dem GERICHTSSAAL: Frevler im Naturschutz- gebiet?
Angeklagtes Paar lehnte sogenannten Deal ab
Stand:
Ein Großteil der Verhandlung spielte sich Dienstagvormittag am Richtertisch ab. Die Ansichten der Prozessbeteiligten waren nach dem Blick auf verschiedene Karten kontrovers. Es ging um ein Flurstück in Marquardt, das laut Staatsanwaltschaft vollständig im Naturschutzgebiet „Obere Wublitz“ liegt. Zumindest der obere Teil des Grundstücks falle nicht unter die strengen Bestimmungen des Naturschutzes, argumentierte dagegen Eigentümer Dietrich D.* (79). Er ließ sich auch durch die Ausführungen eines Sachverständigen, der die Anklage stützte, nicht von seiner Ansicht abbringen.
Dietrich D. und seine Ehefrau Dagmar* (76) mussten sich wegen eines Vergehens gegen das Bundesnaturschutzgesetz vor dem Schöffengericht verantworten. Sie sollen zwischen September 2011 und Juli 2012 auf ihrem Grundstück rund 800 Quadratmeter Erdaushub – diese Menge entspricht rund 44 vollbeladenen Lastwagen – zur Verbesserung der Wohnanlage anfahren und verteilen lassen haben. Zudem soll das Paar illegal eine erhebliche Zahl großer und kleinerer Schwarzerlen gefällt haben. Durch diese nicht genehmigten Aktivitäten sollen zirka 468 Quadratmeter Moorböden entwässert und die typische Vegetation vernichtet worden sein. Der Lebensraum vieler dort lebender und geschützter Vögel wie Kornweihe, Kranich oder Fischadler sei nachhaltig geschädigt worden und – wenn überhaupt – nur mit beträchtlichem finanziellen und kräftemäßigen Aufwand erst nach mindestens 15 Jahren wiederherzustellen, lautet einer der Vorwürfe.
Ein weiterer Anklagepunkt legte Dietrich D. zur Last, er habe ab Mai 2012 einen zwölf mal vier Meter breiten Wasserröhrichtgürtel, der überwiegend im Eigentum des Wasser- und Schifffahrtamts Brandenburg stand, roden und eineinhalb Meter tief ausbaggern lassen. Dabei soll das gesamte Biotop des Stillgewässers mit Laichkraut und Seerosen vernichtet worden sein. Die Renaturierung dieser Schäden würde fünf bis sieben Jahre dauern.
Am 22. August 2012 sollen Dagmar und Dietrich D. eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den Oberbürgermeister geschickt, darin die Bediensteten der Unteren Naturschutzbehörde der „terrorartigen Bespitzelung von Grundstückseigentümern“ bezichtigt haben.
Um das Verfahren abzukürzen, gab die Schöffengerichtsvorsitzende Cornelia Michalski den Verteidigern die Möglichkeit eines Verständigungsgesprächs mit ihren Mandanten. Sollte dieses positiv verlaufen, könnten die Angeklagten mit Geldstrafen zwischen 60 und 90 Tagessätzen rechnen, betonte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Außerdem käme eine Einstellung des Verfahrens wegen Beleidigung infrage. Das Ehepaar nahm das Angebot – ein sogenannter Deal – nicht an. „Dann kann das Verfahren heute nicht durchgeführt werden“, sagte Richterin Michalski. „Das Zeitfenster, was dafür vorgesehen war, ist nicht ausreichend.“ Im Jahr 2014 wird das Ganze von vorn beginnen. (*Namen geändert.)Hoga
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