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Landeshauptstadt: Frieden in unfriedlicher Welt

Hans Koschnik sprach über den Balkan, Afghanistan und den Irak

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Hans Koschnik sprach über den Balkan, Afghanistan und den Irak Von Lutz Borgmann „Krieg darf um Gottes Willen nicht sein!“ Diese Aussage der 1947 in Amsterdam versammelten christlichen Kirchen als Erkenntnis nach den bitteren Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges stellte Hans Koschnik, Bremer Bürgermeister a.D. und Bosnien-Beauftragter der Bundesrepublik, an den Anfang seiner Ausführungen über „Friedensbildende Maßnahmen in einer unfriedlichen Welt“. Es war der letzte Vortrag einer von Pfarrerin Ute Arndt-Hering und Oberst a.D. Burkhart Franck zusammen mit Stadtkirchenpfarrer Martin Vogel im Rahmen der Friedensdekade veranstalteten Gesprächsreihe. Hans Koschnik fasste seine Erfahrungen aus den Jahren 1994 bis 1996 als EU-Administrator in dem unter Muslimen, Kroaten und Serben dreigeteilten Mostar zu einem eindringlichen Appell für die Herstellung und Sicherung des Friedens in den Krisenregionen der Welt zusammen. „Frieden bedeutet Suche nach Verständigung, Ausgleich der Interessen, aber nicht das Zuschauen, wo jemand das Gottesgesetz nicht respektiert.“ Jugoslawien sei nicht an religiösen Gründen auseinander gebrochen, sondern durch nationale Auseinandersetzungen. Das gemeinsame Interesse, nicht unter Moskaus Herrschaft zu fallen, hatte fünfzig Jahre friedlichen Zusammenlebens ermöglicht. West und Ost gaben dem Land Kredite, um sich dessen Neutralität zu erhalten. Mit dem Zerfall des Ostblocks brachen alte Gegensätze auf. Ein gewachsenes Staatsverständnis war nicht vorhanden. Die besser gestellten Republiken Slowenien und Kroation konnten sich halten, wollten aber den ärmeren nichts von ihrem Wohlstand abgeben. Wer nichts hatte, fing an, es sich zu holen. Gewalt brach aus. Der Bürgerkrieg schlug schlimmere Wunden als ein „normaler“ Krieg. Ein böser Spruch kennzeichnet die Lage: „Als Gott sagte, liebe deine Feinde, kannte er meine Nachbarn nicht“ In solchen Situationen genügt das Friedensgebet nicht, sagt der reformierte Protestant Hans Koschnik. Man muss den Konfliktparteien die Möglichkeit zur Gewaltanwendung nehmen. Wer sich zurückzieht, macht sich schuldig. „Aber auch, wenn wir der Gewalt mit Gegengewalt in den Arm fallen, werden wir schuldig.“ Es gibt keine Neutralität gegenüber Schuld und Gewalt. Koschnik rechtfertigt den Einsatz militärischer Gewalt, auch wenn Luftangriffe aus 5000 Meter Höhe die serbische Infrastruktur zerstörten. Es wurde eine Waffenruhe erreicht, das Überleben möglich. Der Kosowo ist ein Krisenherd. Hier treffen zwei Kulturkreise, zwei Sprachen aufeinander. Die dort befindlichen deutschen Truppen unter UN-Mandat verhindern den Krieg. Wann sie abziehen werden, ist ungewiss. Auch den Einsatz deutscher Truppen in Afghanistan rechtfertigt Koschnik, so weit es um die Bekämpfung von Terror geht. Aber er wendet sich dagegen, in diesem Land europäische Staatsformen zu etablieren. Dasselbe gelte auch für den Irak, ein Land mit einer 5000 Jahre alten Kultur. Seine Bewohner hätten ein Recht darauf, ihre Staatsform selbst zu finden. Voraussetzung einer friedlichen Entwicklung sei die Akzeptanz und Verwirklichung der Menschenrechtsdeklaration der UN. Koschniks Fazit: Gewalt, Elend und Vertreibung in der Welt müssen verhindert werden. Doch bevor Gewalt eingesetzt wird, müssen alle anderen möglichen Maßnahmen geprüft werden.

Lutz Borgmann

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