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Landeshauptstadt: Frische Luft für die Särge

Antikentempel wird mit neuem Verfahren vor Feuchte und Schimmel geschützt

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Antikentempel wird mit neuem Verfahren vor Feuchte und Schimmel geschützt Von Erhart Hohenstein Sanssouci. „Der Tempel zu den Antiquen im Rehgarten ist seit seiner Erbauung zu wenig eröffnet worden als das sich die Feuchtigkeit der Mauern und des Marmors hätte genugsam vertheilen können, daher hat sich viele Nässe in die geschaalte Decke gezogen und durch Flecke geäußert “ Das teilt „in tiefster Submission“ ein Baubeamter schon 1775, sechs Jahre nach Fertigstellung des Bauwerks, König Friedrich II mit. Das Schreiben liest sich wie ein aktueller Zustandsbericht. Unzureichende Lüftung hat in dem heute als Mausoleum dienenden Bauwerk, das nur zu besonderen Anlässen geöffnet wird, zu erheblichen Feuchteschäden geführt. Schimmelbildung zwang zum Ausbau der hölzernen Wandverkleidung, die Befestigungseisen der Marmorverkleidung rosten, die Särge der Kaiserin Auguste Victoria und ihrer Söhne zeigen Korrosionsschäden. Die Fachhochschule Potsdam, Fachbereich Bauingenieurwesen, hat dazu mit einer Gruppe von Studenten unter Leitung von Prof. Johannes Vielhaber ein Modellprojekt gestartet, das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt finanziell gefördert wird. Als Objekt wurde neben einem Kellergewölbe im Volkskundemuseum Erfurt der Antikentempel ausgewählt. Partner sind außer der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die Ingenieurbüros Hygrometric und Bauklima. Dessen Leiter Wulf Eckermann erläutert vereinfacht die Vorgehensweise: In Bodennähe sieht der Betrachter einen etwa faustgroßen Kasten. Darin verbirgt sich ein Lüftungsindikator. Er ist mit einem Gebläse verbunden, das auf einem in die Kuppel des Tempels aufragenden Gerüst steht, sowie mit innen und außen am Gebäude angebrachten Sensoren, die u.a. Raumfeuchte und -klima messen. Die ermittelten Werte werden mit den Anforderungen verglichen, die zur Erhaltung und zum Schutz des Denkmals und seines Interieurs notwendig sind. Daraus können wiederum praktische Lösungen abgeleitet werden, um das Raumklima zu beeinflussen. Im Falle des Antikentempels sorgt dafür ein Abluftgebläse, das die Außenluft nutzt. Es wird durch einen Chip gesteuert, der es bei Überschreiten der Grenzwerte in Funktion setzt. Kommt es etwa nach feuchwarmen Frühlingstagen zur Kondensatbildung an den winterkalten Mauern, so wird in den Nächten stärker gelüftet, um die Feuchte zu trocknen und Schimmelbefall zu verhindern. Ein Vorzug des Verfahren ist, dass es von der Auswahl der Paramater für die Messungen bis zur praktischen Umsetzung für jedes Bauwerk standortgerecht variiert werden kann. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Denkmalpfleger Klaus Dorst und Chefrestaurator Hans-Christian Klenner auch für den Gontardschen Tempel. Zudem müssen seitens der Stiftung die vier Fenster in der Laterne der Kuppel repariert werden, damit das Lüftungssystem voll wirksam wird. Das Gerüst wird nach Abschluss des Projekts abgebaut. Mess- und Lüftungstechnik werden dann so eingeordnet, dass sie die Würde des Mausoleums nicht beeinträchtigen. Das Verfahren besitzt außerdem den unschätzbaren Vorteil, nur einen Bruchteil der Kosten einer Vollklimatisierung zu verursachen. Wenn das Projekt Ende des Jahres erfolgreich abgeschlossen wird, kann es laut Gerd Randenrath, dem für Klimafragen zuständigen Mitarbeiter der Abteilung Restaurierung, für viele ähnliche nur temporär genutzte Bauten Modellcharakter erlangen.

Erhart Hohenstein

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