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Landeshauptstadt: Froschaugen und Apfel im Holunder

Der wöchentliche PNN-Gartentipp

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Der wöchentliche PNN-Gartentipp Von Erhart Hohenstein An Waldrändern, so der Ravensberge, hängt der Holunder voller Früchte. Die Beeren trocknen ein, weil sie kaum noch gesammelt werden, und dienen dann Vögeln als Winterfutter. In den Haus- und Kleingärten sieht man nur noch selten einen Strauch der Sambucus nigra, des Schwarzen Holunders, obwohl er genügsam ist und selbst auf dem märkischen Sandboden gedeiht. Auch Gartenbücher lassen das Gehölz meist außen vor. Das ist ein wenig schade, denn aus den Beeren lässt sich ein Saft gewinnen, dem vielfältige Heilkräfte zugeschrieben werden und der sich als Grundlage beispielsweise für Gelee und Likör eignet. Nirgendwo gefunden haben wir in den Rezeptbüchern die Holundersuppe unserer Mutter: Der Saft wurde mit Sago - wir nannten die durchsichtigen Kügelchen Froschaugen - erhitzt, dann kam kaltes Apfelkompott hinein. Dazu wurde Zwieback eingestippt. Wenn wir als Kinder im Winter bei 10 Grad minus vom Rodeln kamen, stürzten wir uns auf die heiße Suppe, die dann besonders gut schmeckte. Das Gericht war mit Bedacht gewählt, denn der vitaminreiche Holunder beugt Erkältungen vor. Er wirkt aber auch schweißtreibend, schmerzlindernd, entzündungshemmend und soll gegen Grippe, Bronchienprobleme, Gicht, Rheuma, zu hohem Blutzucker, Ödeme, Blähungen, Kopfschmerzen, Nervosität, Schlafstörungen und Pubertätspickel helfen. Das wussten schon die antiken griechischen Ärzten Theophrast und Hippokrates. In unserer Zeit haben Forscher herausgefunden, dass der im Holunder enthaltene Farbstoff Sambucyanin Krebs-, Herz-und Kreislauferkrankungen vorbeugt. Der Beerenstrauch erfährt deshalb zurzeit eine Renaissance. Baumschulen bieten ihn vermehrt an, in den Reformhäusern wächst die Zahl der Holunderprodukte. Bekannt ist auch der Holundersekt. Dazu werden die weißen Blüten mit Zitronenmelisse oder Pfefferminze, Zucker, Zitrone und Weinessig in Wasser angesetzt. Warm gestellt reifen sie zu einem perlenden Erfrischungsgetränk heran, das allerdings nicht jedem schmeckt. Die Beeren sollten nicht roh gegessen und kein kalt gepresster Saft getrunken werden. Sie enthalten nämlich einen Blausäure bildenden Stoff, der erst durch das Erhitzen zerfällt. Für den Anbau des Holunders im Garten wird heute die Kultursorte „Haschberg“ empfohlen, die in Österreich gezüchtet wurde. Sie soll Jahr für Jahr eine gute Ernte bringen. „Haschberg“ hat den Vorzug, dass die Beeren an den Dolden ab Mitte September gleichzeitig reifen. Außerdem enthält die Kultursorte gegenüber dem wilden Holunder mehr Sambucyanin, also den Farbstoff, der wesentlich für die Heilwirkung der Früchte verantwortlich gemacht wird.

Erhart Hohenstein

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