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Mit der „NeoCam“ können Eltern von Frühchen künftig auch außerhalb des Krankenhauses bei ihren Kindern sein.

© Andreas Klaer

Bergmann-Klinikum Potsdam: Frühchen-TV in der Bergmann-Klinik

Mit der „NeoCam“ können Eltern von Frühgeborenen in Potsdam ab sofort live ins Ernst-von-Bergmann-Krankenhaus zu ihren Kindern schalten.

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Potsdam - Frühchen passen von nun an sogar in die Hosentasche – natürlich nur als Video auf dem Smartphone. Zum „Welt-Frühchen-Tag“ hat die Kinderklinik Westbrandenburg des „Ernst von Bergmann“-Klinikums am gestrigen Dienstag die „NeoCam“ vorgestellt. Sie ermöglicht es Eltern von Frühgeborenen, ihre Babys von zu Hause aus „live“ zu sehen.

Zwischen 30 und 50 Frühchen im Jahr betreut das Potsdamer Klinikum

Im Bergmann-Klinikum werden jedes Jahr rund 1700 Kinder geboren, darunter 30 bis 50 Frühchen. Nach der Geburt dürfen die Mütter ihre Babys nicht mit nach Hause nehmen, da die Säuglinge erst in den Brutkästen zu Kräften kommen müssen. Nadine Goßmann ist die erste Mutter eines Frühchens, die von der neuen Technologie in der Kinderklinik profitiert. Ihr Sohn Timo ist am 11. September dieses Jahres zur Welt gekommen und liegt seit zehn Wochen auf der Frühchenstation. „Seit drei bis vier Wochen ist er jetzt raus aus dem Brutkasten“, sagt die 38-Jährige. Jeden Tag fährt sie von Babelsberg nach Potsdam, um Timo zu sehen und Muttermilch für ihn abzupumpen. Die Situation empfinden sie und ihr Mann als sehr anstrengend und nervenaufreibend. Ihr Kind im Krankenhaus zurückzulassen sei sehr schwierig. „Es ist ein komisches Gefühl. Man hat nicht die typische Mutter-Kind-Bindung, weil man ohne das Kind nach Hause geht.“

Mit der „NeoCam“ kann die Familie nun zu jeder Tages- und Nachtzeit über den Bildschirm verfolgen, wie es Timo geht. „Einfach zu wissen: Lacht er, weint er? Das ist schon eine Erleichterung“, so Goßmann. Die „NeoCam“ ist benutzerfreundlich konzipiert. Sie benötigt keine zusätzliche Software, sondern kann von jedem Gerät mit Internetverbindung empfangen werden. Im Krankenhaus ist eine Kamera auf das Bett des Frühchens gerichtet. Über die Internetseite der Bergmann-Klinik können die Eltern auf die Kamera zugreifen. „Jeder erhält einen persönliche Zugangsnamen und ein Passwort, das aber nur für die ihrem Kind zugeteilte ,NeoCam’ funktioniert“, sagt Theresa Decker, Sprecherin des Klinikums. So wird gewährleistet, dass niemand außer den Eltern auf die Live-Aufnahmen des Säuglings zugreifen kann. Empfangen werden können die Bilder dann nicht nur über den Computer, sondern auch über das Tablet oder das Smartphone. So hat man sein Baby jederzeit bei sich, wenn auch nur virtuell.

Mit den Kameras können auch Geschwister und Großeltern die Kleinen sehen

Bisher stehen auf der Station mit 16 Behandlungsplätzen vier „NeoCams“ zur Verfügung. Das Bergmann-Klinikum hat die Technologie zunächst vorfinanziert, weil die Krankenkassen nicht für das Babywatching zahlen. „Momentan sind wir noch auf Spendengelder angewiesen, wenn wir noch mehr der ,NeoCams’ anschaffen wollen“, so Decker. Eine der Webcams kostet im Durchschnitt 1500 Euro. Chefarzt Thomas Erler ist davon überzeugt, dass die Frühchenkameras weiter ausgebaut werden. „Ich rechne fest damit. Wir werden jetzt sehen, wie die Eltern auf das neue System anspringen. Aber es ist einfach eine tolle Möglichkeit für die Familien, das Kind zu sehen.“ Da die Frühchen höchst empfindlich auf ihre Umwelt reagieren – häufig benötigen sie noch Unterstützung beim Atmen und beim Verdauen von Nahrung – kommen meist nur die Eltern ins Krankenhaus. Von nun an können dann aber Großeltern, Geschwister und Freunde der Familie das virtuelle Besuchersystem nutzen. Tonaufnahmen werden übrigens nicht übertragen, das verletze die Datenschutzbestimmungen, so die Pressesprecherin der Klinik Damaris Hunsmann. Denn so könnten Gespräche der anderen Eltern und des Krankenhauspersonals nach außen dringen. Für Nadine Goßmann ist das aber kein Manko, sie und ihr Mann benutzen die „NeoCam“ jeden Tag. Und bisher funktioniert das System einwandfrei. Bald werden sie es aber glücklicherweise nicht mehr brauchen, denn Timo darf noch vor Weihnachten nach Hause kommen.

Theresa Dagge

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