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Modedesigner Wolfgang Joop mit einer Feinripp-Unterhose von Schiesser.

© Patrick Seeger/dpa

WOLFGANG JOOP: „Fühle mich im falschen Hemd unwohl“

Der Potsdamer Modedesigner Wolfgang Joop über seine neue Aufgabe, Feinripp und Bekleidungkonzerne

Stand:

Herr Joop, warum steigen Sie bei Schiesser ein?

Ich weiß sehr wohl – obwohl ich eher in der Haute Couture und Kunst bekanntgeworden bin – um die Magie der Massenartikel. Ich gehöre zu den wenigen Designern, die erfolgreich auch Dinge entwerfen, wo das Produkt nicht auf den ersten Blick sichtbar ist – beispielsweise Parfüm von Joop. Dies ist bis heute eine der großen Erfolgslegenden, die es überhaupt gibt, insbesondere im Massenbereich. Ich denke, ich habe gezeigt, wie man ein Produkt erfolgreich multipliziert und es trotzdem als Luxusartikel begriffen wird. Darum fühle mich absolut fit, dieses Produkt zu unterstützen.

Wie soll das konkret aussehen? 

Ich begleite den Börsengang des Unternehmens und bin darüber hinaus mehrere Jahre an der Entwicklung der Marke beteiligt. Mit dem Erlös sollen die Forderungen der Gläubiger befriedigt werden. Zugleich hoffe ich, dass wir genug Mittel zusammenbekommen, um auch Nischenprodukte entwickeln zu können. Meine verantwortungsvolle Arbeit wird mit Anteilen „belohnt“ – wir sprechen von zehn Prozent. Als Unternehmer bin ich dann besonders verpflichtet, mein Know-how einzubringen.

Welche Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Ich werde nicht als Spitzen- oder Gummibandspezialist bei Schiesser tätig sein, sondern als Marken- und Marketingspezialist. Bei einer Traditionsmarke wie Schiesser müssen wir dafür sorgen, dass die Kernkompetenzen wieder sichtbar werden. Der Name und die Qualität müssen herausgestellt werden – als Kontrast zur allgemeinen Beliebigkeit. Schauen Sie sich an, was mit den deutschen Marken insgesamt geschehen ist: Man weiß nicht, in welchen Händen sie heute sind und welchen Sinn sie noch machen. Ich erinnere an die Generation von Joop, Helmut Lang oder Jil Sander. Sie sind eingeholt worden von Bekleidungskonzernen, die untereinander austauschbar sind. Es gibt viel zu viele Marken, bei denen man den Unterschied nicht mehr erkennen kann. Und auch Profitgier hat viele traditionsreiche Häuser kaputtgemacht oder ihnen zumindest geschadet.

Was macht die Marke und deren Qualität aus?

Manchmal ist es das Simple, die Nachhaltigkeit und der Tragekomfort eines Produkts. Das Original von Schiesser hat eine Perfektion erfahren, die man nicht verbessern kann. Da werde ich mich auch nicht einmischen. Ich bin ja auch der Designer des Unsichtbaren und weiß darum: Die richtige Wäsche, die richtigen Strümpfe sind wichtig. Mit einer guten Qualität auf der Haut kommt man besser durch den Tag. Ich merke das selber, wenn ich mal das falsche Unterhemd aus dem Schrank gegriffen habe – dann fühle ich mich nicht wohl.

Das hat aber auch seinen Preis.

Natürlich kann ich den Zehnerpack Unterhosen neben der Kasse im Supermarkt zahlen – so wie leider auch die Orchidee, eigentlich eine exquisite Blüte. Aber gerade bei Dingen, die man auf der Haut trägt, sollte man auch auf Qualität achten. Bei Lebensmitteln setzt sich diese Einstellung zunehmend durch. Da achten die Konsumenten zunehmend auf Fragen wie: Wo kommt es her? Wie wird es gemacht? Ich finde, diese Fragen sollten einen auch beschäftigen bei Dingen, die man auf der Haut trägt. Wenn man diese Hintergründe kennt, weiß man auch, dass man vielleicht ein klein wenig mehr bezahlen muss, um ein gutes Gewissen zu haben.

Sie tragen selbst Schiesser – wird man Sie auf Werbeplakaten sehen?

Ich liebe gute Underware. Aber es wird keine persönliche Kampagne mit mir als Altmodel geben. Ich werde auch nicht bei jeder Gelegenheit zufällig ein Feinripp- Unterhemd zeigen. Ich glaube aber, dass ich als „Stürmer“ im Team das Image der Marke verändern kann.

Wie wollen sie dies erreichen?

Ich vertrete das Frische, die Simplizität, die auch immer am sexiesten ist. Ich bin mehr für das Normale und nicht das lustige Dekor. Design soll in unseren Alltag eintreten und den Alltag verändern – dieser Prozess interessiert mich. Im vergangenen Sommer habe ich zum Beispiel für Schiesser bereits das Langarm-Shirt mit Manschetten versehen, so dass das Shirt anstelle des Hemdes unter dem Sakko getragen werden kann. Spätestens seit James Dean ist es total sexy, ein Underware-Teil tagsüber sichtbar zu tragen. Und wenn es um die Frage geht, welche Unterwäsche sexy ist, kann ich nur sagen: Bestimmt nicht die infantile Veräppelung, die sich auf vielen Teilen findet. Dieses Bild von der einfachen, beinahe altmodischen, eigentlich unschuldigen Unterwäsche kann auch erotisch wirken – das wissen wir spätestens seit der Werbekampagne von Calvin Klein mit Kate Moss.

Das Gespräch führte Marion van der Kraats

Der Potsdamer Wolfgang Joop (66) hat den insolvente Wäschehersteller Schiesser übernommen. Nun soll es an die Börse gehen. Gläubigerversammlung und Gericht haben einem entsprechenden Plan zugestimmt. Joop greift nun ins 1875 gegründete Unternehmen mit Sitz in Radolfzell am Bodensee ein und hilft als Kreativdirektor, das als bieder geltende Image der Firma aufzupolieren. Joops Modegeschichte ist lang: Im Frühjahr 1982 stellte er seine erste Prêt-à-porter-Damenkollektion vor, gefolgt von der ersten Herrenkollektion 1985. 1999 gründete er das Label Wunderkind mit Sitz am Heiligen See Potsdam, jetzt will er Schiesser wieder auf die Beine helfen. PNN

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