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Aus dem GERICHTSSAAL: Fünf Tage Haft als Denkzettel

Angeklagter muss sich außerdem noch entschuldigen

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Aus dem GERICHTSSAALAngeklagter muss sich außerdem noch entschuldigen Dominique D. (18, Name geändert) wartet in der Arrestzelle des Amtsgerichts auf den Beginn seines Prozesses. Der verzögert sich etwas, weil das Jugendschöffengericht gerade einen Rauschgiftdealer verurteilt hat. Und die Begründung des Urteils gestaltet sich recht umfangreich. „Sie können den Angeklagten jetzt hochbringen“, meldet die Protokollantin danach den Dienst habenden Justizwachtmeistern. Wenig später wird der Potsdamer in den Verhandlungssaal geleitet. Verlegen nimmt der picklige junge Mann auf der Anklagebank Platz. Einer der Beamten stellt ein Päckchen vor ihm auf den Tisch. Darin befinden sich Dominiques Habseligkeiten. Er sitzt seit fünf Tagen im Gefängnis. Schon einmal war ein Verhandlungstermin gegen ihn anberaumt worden. Da Dominique D. diesen schwänzte, erließ das Gericht Haftbefehl gegen ihn. Am 14. Oktober klickten die Handschellen. Sichtlich froh, der Zelle entkommen zu sein, ist die Verhandlung wegen Beleidigung offensichtlich das kleinere Übel für den Beschäftigungslosen. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, am 28. Februar eine Mitarbeiterin der Führerscheinstelle telefonisch als „Dreckige Hure“ und „Nutte“ beschimpft und der Frau gedroht zu haben, nach der Arbeit auf sie zu warten. Am 8. März – so die Anklage – wiederholte sich das unschöne Spiel. „Stimmt“, gesteht Dominique D. lässig. „Die hat mir meinen Führerschein verweigert.“ Dabei, so der Angeklagte, habe er sich – wie angeordnet– einem Drogentest unterzogen. „Ich war allerdings bei einem anderen Arzt als dem, den sie mir vorgeschrieben hat.“ Frustriert über die Ablehnung, endlich die begehrte Fahrschulausbildung beginnen zu dürfen, habe er sich zu dem Anruf hinreißen lassen, gesteht der Arbeitslose. „Dann habe ich mich schriftlich beschwert und noch einen Drogentest machen lassen. Aber der wurde auch nicht anerkannt.“ Wutentbrannt habe er daraufhin ein zweites Mal zum Hörer gegriffen, berichtet Dominique. Schließlich sei es sein Ziel, Auto fahren zu dürfen, wenn er im Februar eine Ausbildung beginne. „Durch so ein Verhalten entfernen Sie sich allerdings nur noch mehr von Ihrem Vorhaben“, rügt die Richterin. „Die Führerscheinstelle hat schließlich eine besondere Fürsorgepflicht. Gerade bei Drogendelikten schaut sie genau hin. Die Leute dort müssen prüfen, wen sie auf die Leute loslassen können.“ Und Dominique D. gehört momentan offenbar noch nicht dazu. Der Möchtegern-Autofahrer wird vom Jugendgericht, das fünf Tage Haft als passenden Denkzettel ansieht, verpflichtet, sich schriftlich bei der von ihm beleidigten Behördenmitarbeiterin zu entschuldigen. „Kann ich machen“, nuschelt der Angeklagte. Danach wird das Verfahren eingestellt. Hoga

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